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Stefan Gritsch, Acrylfarbe, 1990-2000
Acrylblöcke auf Holztisch (133 Einzelteile), 150 x 75 x 21 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung der NAB
Copyright: ProLitteris, Zürich

Stefan Gritsch (*1951) ist ein treuer Begleiter des Aargauer Kunsthauses. In Lenzburg wohnhaft, stellt der Künstler regelmässig an den Jahresausstellungen aus und war überdies in Schauen wie beispielsweise „Yesterday Will Be Better“ zum Kunsthausjubiläum 2010 vertreten. Auch in der Sammlung des Kunsthauses ist Gritschs Schaffen mit knapp dreissig Werken umfassend repräsentiert. Von Papier- und Leinwandarbeiten aus den 1970er- bis 1990er-Jahren über druckgrafische Werke bis hin zu den vielteiligen Farbobjekten der letzten Jahre finden sich Arbeiten aus fast allen Schaffensphasen. Charakteristisch für Gritschs Œuvre ist die Beschäftigung mit den materiellen Bedingungen der Malerei und in den letzten dreissig Jahren insbesondere die Auseinandersetzung mit der Farbe als Material.

Als Schenkung der Neuen Aargauer Bank fand 2001 einer der sogenannten Farbtische Eingang in die Sammlung des Aargauer Kunsthauses. Die im Jahr zuvor fertiggestellte Installation mit dem gleichermassen simplen wie bezeichnenden Titel „Acrylfarbe“ setzt sich aus 133 Einzelteilen zusammen. Auf einer behelfsmässig gezimmerten Tischkonstruktion reihen und stapeln sich dicht an dicht bunte, quaderförmige Objekte aus getrockneter Farbmasse in unterschiedlichen Höhen und Breiten, sodass sich im Zusammenspiel eine Relieflandschaft aus geometrischen Körpern bildet. Am ehesten werden Assoziationen geweckt zu einem vergrösserten Teilstück aus einem tektonischen Landschaftsmodell. Abzüglich der tragenden Holzkonstruktion besteht die Arbeit jedoch aus nichts als Acrylfarbe. Farbe ist bei Gritsch nicht wie gewohnt darstellendes Mittel der Malerei, nicht mal dünn, mal dick mit Pinsel auf die Leinwand aufgebracht, um dem Bildthema Gestalt zu geben; Farbe ist das Material an sich, ihr eigener Träger und als Plastik autonom. Gritsch nutzt Acrylfarbe als Baumaterial, schafft aus ihr durch Giessen neue Volumina oder setzt bestehende Farbblöcke durch Schneiden, Schichten und Kitten neu zusammen. Für die vorliegende Arbeit rezykliert Gritsch Farbkugeln, die 1990 entstanden sind, worauf die Datierung hindeutet. In wechselnden Arrangements und Kombinationen schafft er immer neue «Stillleben aus Farbstücken». Diese können wie hier auf tischartigen Trägern liegen oder aber sie breiten sich als ortsspezifische Installationen im Raum aus. Der provisorische Charakter ist allen Setzungen gemeinsam. Jederzeit liesse sich eine der vielen Platten auf dem Tisch entfernen, austauschen, versetzen oder zerstückeln. Diese Vorläufigkeit und Unabgeschlossenheit interessiert den Künstler. Das immer gleiche Material in wechselnden Konstellationen und Zusammenhängen auftreten zu lassen, stellt eine Möglichkeit dar, der Suche nach dem Bild – und damit einer der Gretchenfragen der jüngeren Malereigeschichte – Aufschub zu gewähren.

Yasmin Afschar

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