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San Keller, Confessional for the Artbusiness - Are There Any Rules?, 2007
Fichtenholz lasiert, Lochblech, Textilvorhang, Papier (2 Ordner), Beichtstuhl 190 x 100 x 220 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung Brigitte Weiss
Copyright: San Keller
Fotocredit: Galerie Brigitte Weiss

Zu den zentralen Strategien des Konzept- und Aktionskünstlers San Keller (*1971) gehört der Einbezug des Publikums in seine Handlungen. An die Stelle des simplen Konsumierens von Kunst tritt dabei eine reflektierende Haltung, die sich stark über die Beziehung zum Künstler respektive sein Verständnis als Dienstleister sowie über Austausch und Dialog definiert. Wer ein Angebot annimmt, darf sich guten Gewissens über die Handreichung freuen. Er macht sich aber auch zum Fürsprecher eines stillen Agitators, der die Rolle, das Bild und die Wertschätzung des Künstlers im gesellschaftlichen, institutionellen und ökonomischen Umfeld unverzichtbar kritisch debattiert. Nach und nach hat San Keller seinen Fokus dabei auf den Kunstbetrieb als Ganzes erweitert und mitunter auch deren Akteure als Mitperformer oder als Statthalter seiner selbst involviert. Daran knüpft sich die feine Verschiebung vom Dienstleister zum Leistungserbringer, der exakt um die Mechanismen der Wertschöpfung weiss und diese Kenntnisse listig ausspielt.

Um ein solches hintersinniges Angebot handelt es sich auch bei „Confessional for the Artbusiness“, einem spezifisch auf die Fachwelt abgestimmten «Seelsorgedienst», den San Keller auf Einladung seiner Galeristin Brigitte Weiss im Juni 2007 im Rahmen der Kunstmesse Art Basel an der Art Unlimited erstmals aufgezogen hat. Wie der Werktitel besagt, ist das Setting einem Beichtstuhl entliehen und besteht aus einem mannshohen, blickdicht verhängten Mittelteil, an den sich beidseits eine offene Koje anschliesst. Den üblichen Beichtschemel ersetzen ein Hocker und eine Schreibfläche mit Sichtschutz. Bauweise und Ausstattung sind schlicht gehalten und an das nüchtern-pragmatische Erscheinungsbild der Messearchitektur angelehnt.

Komplettiert wird das Werk durch den 24-zackigen San-Stern, das Logo und Gütesiegel des Künstlers, und die Frage «Are There Any Rules?». Gemeint sind die Regeln des Kunstmarkts, die bekanntlich als intransparent gelten, sowie ethische Richtlinien und Verhaltenskodizes, wie sie etliche Institutionen und Verbände neben dem jeweils geltenden gesetzlichen Rahmen kennen. Hat jemand gegen derlei Vorgaben verstossen, hat ihm San Keller während der Messe – ein Wortspiel? – die Beichte abgenommen und Absolution erteilt, im Gegenzug aber öffentliche Auskunft über die gebrochene Regel verlangt. Klug wird hier folglich mit der Beichte als einem Kommunikationsritual gespielt, das gemäss Übereinkunft «sub rosa» – unter dem Siegel der Verschwiegenheit – erfolgt. Dagegen agiert San Keller quasi «sub stella», wenn er als Künstler die Rolle des Eingeweihten übernimmt und dadurch, dass er die Grauzonen des Art Business erhellt, nicht allein auf dessen Entmystifizierung hinwirkt, sondern zugleich das Handlungsprimat für seinen Berufsstand zurückreklamiert. 80 Regeln sind so im ersten Anlauf zusammengekommen und bilden, für jedermann einsehbar, eine Art Beichtspiegel und Hilfe zur Gewissensforschung. Weitere Beichttermine, so heisst es, sollen folgen.

Astrid Näff

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