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Max von Moos, Aneinandergeraten, 1943
Tempera auf Karton, 41 x 58.5 cm
Aargauer Kunsthaus / Schenkung Stiftung Max von Moos in memoria Josi Meier
Copyright: ProLitteris, Zürich
Fotocredit: Jörg Müller

Die Werke des Schweizer Künstlers Max von Moos (1903–1979) sind seit den 1970er-Jahren fester Bestandteil der Sammlung des Aargauer Kunsthauses. In Gedenken an ihre Erst-Präsidentin Frau Dr. Josi Meier, schenkte die Stiftung Max von Moos dem Aargauer Kunsthaus ein Bild aus dem Nachlass des Künstlers. Damit konnte die bestehende Werkgruppe im Kunsthaus ideal ergänzt werden. Nicht zuletzt ist diese Schenkung eine erneute Anerkennung der Stiftung für das Aargauer Kunsthaus als einem Museum für Schweizer Kunst. Bereits im 2003 hatte die Stiftung anlässlich der Neueröffnung unserer Institution Beat Wismer, dem damaligen Direktor, ihren neu lancierten Förderpreis für die Vermittlung von Schweizer Kunst übergeben.

Max von Moos zählt zu den Schweizer Surrealisten, obwohl sich in der Schweiz kein spezifischer, landestypischer Surrealismus herausschälte, wie es etwa in Frankreich im Umfeld des Schriftstellers André Breton (1896–1966) der Fall war. Künstler wie von Moos oder Walter Kurt Wiemken (1907–1940) entwickeln Anfang der 1930er-Jahre dennoch auch hierzulande eine im weitesten Sinne surrealistische Bildsprache mit eher pessimistischem Unterton und lassen ihre Bildwelten zwischen dem Realen und Fantastischen oszillieren. Abseits vom Pariser Surrealismus, für dessen Theorien sich weder Wiemken noch von Moos interessierten, schafft von Moos Werke von ganz individuellem, eindringlichem und scheinbar irrationalem Vokabular, mit dem er die idealisierten Verklärungen einer Gesellschaft kritisiert, deren Moral und Wertmassstäbe zerrüttet sind.

Seine Bilder sind bevölkert mit Dämonen, versteinerten Menschen oder Skeletten, und Grabkammern treten ebenso auf wie Unterwasserwelten. Maskenhafte Köpfe werden dabei zum Hauptmotiv seiner persönlichen Mythologie und sind als ikonographische Konstante in seinem Œuvre immer wieder anzutreffen. Unser Bild gehört zu dieser Gruppe von Werken, die in seinem gesamten Schaffen einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Von Moos malte „Aneinandergeraten“ gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, zu einer Zeit, als er selbst politisch sehr aktiv war und zeitweise wegen politischer Propaganda sogar verfolgt wurde. Das Bild zeugt von den frischen Kriegsnarben und spiegelt die negative Weltsicht des Künstlers: Auf einer Backsteinmauer, respektive von einem Wandfragment reliefartig hervortretend, sind zwei Gesichter im Profil zu sehen, „aneinandergeraten“ und verkeilt. Die blank liegenden Zahnreihen formen ein fratzenhaftes Lachen und rufen Totenkopfbilder als Vanitasmotiv in Erinnerung. Gleichzeitig bilden die zwei Gesichtshälften ein frontales, teuflisch anmutendes Gesicht mit zusammengekniffenen Augen – das Zeigen verschiedener Ansichten in Einem findet von Moos bei Pablo Picasso (1881–1973) vorformuliert. Was auf den ersten Blick als rein groteske Darstellung erscheint, erschliesst sich angesichts des Gesamtwerks des Künstlers als zeit- und gesellschaftskritisches Werk. Die Maske fungiert immer wieder als Symbol für ein zerfallendes Menschenbild und ein erdrückendes Entfremdetseins, indem sie als leeres Gehäuse inmitten einer entleerten Welt auftritt. Das „maskenhafte Treiben“ einer doppelsichtigen Gesellschaft wird im hier besprochenen Bild in Form der Doppelmaske sogar zweifach vorgeführt; verschiedene Welten und Ideologien prallen bildlich aufeinander und reissen eine tiefe Furche ins (Gesellschafts-)Gefüge. Der Ausgang bleibt ungewiss.

Auch von Moos hat in einem gewissen Sinn hinter einer Maske agiert, hat er doch während mehr als 40 Jahren beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit und neben seiner vollamtlichen Lehrtätigkeit ein sehr umfangreiches und stilistisch höchst vielfältiges Oeuvre geschaffen. Durch die Sammeltätigkeit des Aargauer Kunsthauses und die grosszügige Schenkung der Stiftung Max von Moos sind Grundsteine gelegt, um dem Wirken dieses Schweizer Künstlers gerecht zu werden.

Nicole Rampa

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