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Frank Buchser, Hirtenidyll, Um 1865
Öl auf Leinwand, 81.5 x 107 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau

Die Sammlung des Aargauer Kunsthauses beherbergt mehrere Werke des Schweizer Künstlers Frank Buchser (1828–1890), die ihn als begabten Maler von Porträts, Landschaften und Genreszenen ausweisen. Aufgrund dieser thematischen und stilistischen Vielfalt gestaltet sich die kunstgeschichtliche Einordnung seines Œuvres schwierig. Er selbst stufte sich als fortschrittlichsten Künstler seiner Zeit ein – aus heutiger Sicht entspricht seine Stellung eher der eines Aussenseiters. Eine seiner Leistungen besteht in der Aufwertung des Nebensächlichen. Der kosmopolitische Künstler weilt in Paris, Spanien, England, Andalusien, Marokko, Holland, Amerika, Italien und Griechenland. Wo er sich gerade aufhält, versucht er, zum unverfälschten Urzustand der jeweiligen Bevölkerung, ihrer Kultur und Landschaft vorzudringen. Errungenschaften der Moderne interessieren ihn nicht; sein Blick richtet sich auf naturnahe, ländliche – einheimische sowie exotische – Motive.

Das Ölgemälde „Hirtenidyll“ zeigt im Halbschatten eines für den Betrachter nicht sichtbaren Baumes eine junge Frau im grünen Gras. Sie ist mit einer Solothurner Tracht gekleidet: roter Rock, violette Schürze, blaues Mieder und Hut. Zu ihren Füssen hat sich ein Hirt niedergelassen. Gedankenverloren hält er ein Zicklein im Schoss, dessen Muttertier ihm über die Schultern schaut. Hinter den beiden erhebt sich ein Juragrat – die Kampenfluh bei Solothurn.

Im von schweren Tönen dominierten Bild greift Buchser die antike bukolische Dichtung und die Schäferidylle des 18. Jahrhunderts auf. Zugrunde liegen die Vorstellung des „pastor otiosus und des locus amoenus“ – des friedlichen Hirten und des lieblichen Ortes, wo sich häufig Liebende treffen. Buchser gelingt es, die Gefühle zwischen den beiden abgebildeten jungen Menschen und ihre Beziehung zueinander darzustellen. In ihrer ruhigen, leicht melancholischen Haltung schwingt eine für den Künstler typische erotische Komponente mit. Noch anschaulicher wird diese in der späteren Fassung des gleichen Motivs – „Der Kuss“ (1878/79) im Kunsthaus Zürich. Mit den kräftigen und akzentuierenden Lichttupfer in den Kleidern und im Fell der Ziege demonstriert Buchser seine meisterhafte Wiedergabe des Sonnenlichtes. Durch mutiges Festhalten von selbst erlebten Licht- und Farbeffekten nähert er sich frühimpressionistischer Malerei an. Zur Figurengruppe des vorliegenden Werks existieren Vorzeichnungen im Skizzenbuch von 1864 (Buchser-Nachlass, Kunstmuseum Basel) und Bleistiftzeichnungen zur jungen Frau. Die Bergkette im Bildhintergrund hält Buchser in der Ölstudie „Die Kampenfluh bei Solothurn“ fest.

Das Bild stammt anscheinend aus dem Besitz des Politikers Franz Schnell (1839–1888). Meinungsverschiedenheiten mit dem Auftraggeber Schnell dürften der Grund gewesen sein, dass Buchser das undatierte sowie unsignierte Werk nie vollendete. Stilistisch gehört es zu einer der schönsten Landschaften des Künstlers neben „Am Waldrand bei Solothurn“ (1865, Museum der Stadt Solothurn). 1950 gelangt das Gemälde dank einer Schenkung in die Sammlung des Aargauer Kunsthauses.

Karoliina Elmer

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