Performance,
Nach Ausbildungen an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und der School of the Art Institute of Chicago (SAIC) hat sich Roland Roos (1974*) in Zürich niedergelassen, von wo aus er seine künstlerischen Projekte zu sozialen und ökonomischen Verbindungen innerhalb, wie auch ausserhalb der Kunstwelt entwickelt. Dazu unterrichtet er an der Hochschule der Künste in Bern (HKB) im Bereich der Kunstvermittlung.
In „Free Repair“ (2008 – 2010), einer der frühesten Werkgruppen von Roos, hat der Künstler kaputte Objekte im öffentlichen Raum selbstbeauftragt repariert: eine Türklingel in Luzern wurde wieder funktionstüchtig gemacht, in Kolin (CZ) wurde das schützende Holzgerüst um einen jungen Baum wieder aufgerichtet, in Zürich die fehlende Latte einer Sitzbank in einem Park ergänzt. Die Aktionen sind mit zwei Fotografien dokumentiert, eine zeigt den Schaden, die andere den geflickten Zustand. Diese Bildpaare werden für 320 SFr. verkauft, was dem durchschnittlichen Material- und Arbeitsaufwand entspricht, den eine Reparatur erfordert.
In nachfolgenden Projekten befasste sich Roos mit den komplexen Verschränkungen von internationalisierten Arbeitsbedingungen und Warentransfers: In „Import/Export“ (Kunstmuseum Olten, 2017) lädt er Besucher:innen zu Aktivferien in der bulgarischen Textilfirma „Pirin-Tex“, die für Hugo Boss oder auch Tommy Hilfiger produziert, ein. Damit sollten die Konsument:innen der im Osten hergestellten Billigprodukte, die Produktionsengpässe der, wegen ökonomischer Dringlichkeit in westeuropäische Länder ausgewanderten Arbeiter:innen füllen. 2014 erhielt Roos den Manor Kunstpreis. Die damit einhergehende Ausstellung inklusive Publikation nutzte der Künstler zum Aufbau eines Produktionsloops: im Ausstellungsraum platzierte er eine Manufaktur, in der sechs Kinderbücher, die je ein Werk von Roos in einfachen Bildern zeigte, produziert wurden. Diese standen zum Preis von 14.90 in den Geschäften des Detailhändlers Manor zum Verkauf, mit dem daraus resultierende Gewinn wurde das zukünftige Preisgeld für weitere Kunstschaffende aufgestockt.
Auch in „Art as Connection“ ist der Kontext der Einladung für Roos Ausgangspunkt für seinen Beitrag zur gleichnamigen Ausstellung (Aargauer Kunsthaus, 2021). Seine Intervention sieht vor, dass die Besucher:innen der jeweiligen Kunstinstitution an der Kasse gefragt werden, ob sie Roland Roos kennen. Können sie Kenntnisse zum Künstler oder seinem Werk vorbringen, erhalten sie freien Einlass in die Ausstellung. Rahmenbedingungen und Ablauf sind in einer knappen Handlungsanweisung festgehalten. In ihr sind die wenigen grundlegenden Parameter der Arbeit beschrieben, so etwa, dass der Name Roland Roos im Ausstellungskontext nicht genannt sein darf, das Kassenpersonal bei behaupteter Bekanntschaft des Künstlers weitere Details nachfragen soll und Gesprächsnotizen die Dokumentation fortlaufend ergänzen sollen.
Das Werk ging nach seiner ersten Durchführung als eines der ersten immateriellen Kunstwerke in die Sammlung des Kunsthaus Aarau ein, kann dort jederzeit wiederaufgeführt oder auch an andere Museen ausgeliehen werden. Sollten dereinst für eine erneute Aufführung keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung stehen, verschwindet das Werk, so der in der Handlungsanweisung geregelte Wunsch des Künstlers.
Rachel Mader, 2023