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Sylvie Fleury, Does my butt look big in this?, 2003
Acryl auf Leinwand, 110.3 x 150.1 x 5.5 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung Sammlung Ringier, Schweiz
Fotocredit: Sammlung Ringier

„Be amazing!“ Diesen Appell – oder vielmehr diesen Imperativ – liest man bei Sylvie Fleury (*1961) immer wieder. Er ist einer der Kernsätze der Genfer Künstlerin, deren Interesse seit 1990, als sie erstmals unter eigenem Namen ausstellte, der Welt des Luxus, des Aufreizenden und Begehrlichen gilt. Selbst die E-Mail-Adresse der Queen of Sexyness lautet be_amazing@sylviefleury.

Folgerichtig hat sich Fleurys Nachdenken über die femininen Attribute des Erfolgs schon früh in Form von körperbezogenen Werken artikuliert. Am offenkundigsten geschah dies mit den Arbeiten rund um das Thema Shopping, für welche die Künstlerin bis heute besonders bekannt ist – Einkaufstüten von Luxuslabels, versilberte High Heels und andere wie Fetische inszenierte teure Wanna Haves. Was einst den Schönen und Reichen vorbehalten war, schien auf einmal in Griffnähe. Doch wie in den Schaufenstern der Boutiquen blieben die Statement Brands auch im Museum letztlich unerreichbar.

Dass nichts umsonst zu haben ist, belegten auch Arbeiten wie Slim Fast (1993) oder „Coca-Cola Light“ (1996), Antworten auf Warhols Anleihen aus der Welt der Hausfrau. Ebenso setzte die Videoplastik „Legs, Fitness and Mind“ (1992) beim Alltag ganz normaler Frauen an: Wenig später für die Venedig-Biennale abgewandelt und umbenannt in „A Journey to Fitness or How to Lose 30 Pounds In Under Three Weeks“ (1993), bestand die Arbeit aus teils portablen TV-Geräten, auf denen Aerobic-Lektionen liefen. Fleury thematisierte damit nicht nur sehr früh das heute omnipotente Gebot der Arbeit am eigenen Körper. Indem sie den Blick auf Fitness-Ikone Jane Fonda und weitere zu Sexsymbolen erklärte Schauspielerinnen lenkte, die ihren Status mit Teletrainings und VHS-Tapes zu nutzen wussten, sprach sie auch die medialen Mechanismen hinter dem Phänomen des Körperkults an. Von den Celebrity-Motivatorinnen hin zum Supermodel als Projektionsfigur der Mode- und Beauty-Industrie war es dann nicht mehr weit. Mit appropriierten Covers von Lifestyle-Magazinen und catchy Slogans nach dem Muster „Want a Killer Body? Read This“ vertiefte Fleury ihr Thema abermals und lud zum Befragen dieser ostentativen Körperfixiertheit ein.

„Does My Butt Look Big in This?“ (2003) dreht die Perspektive nun um und rückt auf nude-farbenem Grund den Selbstzweifel ins Licht. Jeder kennt sie: die scheinbar simple und letztlich rhetorische Frage, die heimtückisch rasch – egal ob die Antwort ehrlich verneinend, ausweichend oder unverblümt ausfällt – Verstimmung hervorrufen kann. Die Kluft zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung ist kaum zu schliessen, selbst bei Size Zero. Fleurys Bild – eins von drei Werken, mit denen die Künstlerin dank einer umfangreichen, sehr zielgerichteten Schenkung von Ellen und Michael Ringier nun erstmals in der Kunsthaussammlung vertreten ist – stellt diese Absurdität fabulös bloss. Implizit nimmt es so die Idee der Body Positivity vorweg und zeigt normierendem Denken buchstäblich die Kehrseite.

Astrid Näff

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