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Thomas Huber, Das Kabinett der Bilder, 2004
Oil on canvas, 250 x 360 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung der Freunde der Aargauischen Kunstsammlung
Copyright: ProLitteris, Zürich

In der Zeit, da Thomas Huber (*1955 in Zürich, lebt in Düsseldorf) in unserem Auftrag mit der Konzeption und der Bebilderung einer Handbibliothek für die Erweiterung des Aargauer Kunsthauses beschäftigt war, unterbreiteten wir ihm den Vorschlag, 2004 in unserem Haus eine retrospektive Ausstellung seines Werkes seit 1982 zu zeigen. Huber zögerte, hatte er doch bis anhin in seinen zahlreichen Ausstellungen immer nur seine jeweils neuesten, thematisch geschlossenen Werkgruppen vorgestellt. Im Frühjahr 2003 präsentierte er uns sein nur im ersten Moment überraschendes Ausstellungskonzept: „Ich werde die Ausstellung malen. Ich werde ein grosses Bild malen, darin ich mein Werk der letzten zwanzig Jahre ausstellen werde. Ich werde meine Bilder im Bild zeigen, eine Galerie meiner Werke, das ‚Kabinett der Bilder’ von Thomas Huber. (…) ‚Das Kabinett der Bilder’ ist die Massgabe für die Ausstellung der Bilder. Es ist Vorgabe für eine kritische Auswahl der Bilder. Es zeigt die Bezüge der Werke untereinander, ihre Ordnung. Es ist (…) der Bezugspunkt für alle anderen Bilder“.

Die Ausstellung hiess wie das Bild „Das Kabinett der Bilder“. Thomas Huber hat sein gesamtes Werk gesichtet und daraus die Auswahl jener Bilder getroffen, die er in sein persönliches „Kabinett der Bilder“ aufnehmen wollte. Diese sollten aus den verschiedensten Zeiten, Orten und Zusammenhängen für die Dauer der Ausstellung wieder zusammenkommen. Aber auch dies war und ist „Das Kabinett der Bilder“: ein monumentales, aus Anlass der Ausstellung gemaltes Gemälde. Es zeigt eine Art Lagerraum, in dem all die Bilder versammelt, aufbewahrt und abgebildet sind, welchen die Besucherinnen und Besucher in der damaligen Ausstellung im Original und einzeln begegnet sind. Dass Huber für seine Bilder, die in der Retrospektive ausgestellt wurden, ein Bild malen, dass er sie in einem Bildraum versammeln wollte, entspricht seiner mit Überzeugung vertretenen Ansicht, dass Bilder sich am besten in einem Bild aufgehoben fühlen: viel besser jedenfalls als in einem Ausstellungsraum, wo sie sich so ausgestellt, so exponiert vorkommen würden.

Vor dem monumentalen Gemälde „Das Kabinett der Bilder“ stehend, haben wir die Auswahl all jener Bilder vor unseren Augen, die Huber in der Retrospektive gezeigt hat. Aber wir erblicken sie hier durch den Hintereingang, den der Maler für einen Moment offen gelassen hat – er lässt uns quasi einen heimlichen Blick in den Bild-Raum werfen, wo sich die Bilder unter sich und unbeobachtet vorkommen. So zeigt sich uns die Wahrheit hinter dem Bild. Immer wieder weist der Maler auf die Bedeutung der Rückseite des Bildes hin; dort, hinter dem Bild, offenbart sich, dort liegt für ihn der Grund der Malerei. Und so liess er sich auch nicht von der scherzhaften Bildidee vom Bild im Bild verführen, die Mal- und Schauseite des Bildes „Das Kabinett der Bilder“ in seinem Kabinett der Bilder zu zeigen; wohl wissend, dass er uns, den heimlichen Betrachtern wie dem Publikum, mit der Präsentation der Rückseite des letzten Bildes umso aufschlussreicheren Einblick in seine Welt des Bildes und der Bilder offeriere und offenbare.

Dank des Engagements des Vereins der Freunde der Aargauischen Kunstsammlung gelang es, dieses enzyklopädische, das Gesamtwerk ebenso wie die bildnerische Reflexion des Künstlers hervorragend repräsentierende Hauptwerk von Thomas Huber für unsere Sammlung zu erwerben. Das monumentale Bild wurde vom Maler während Monaten in zahlreichen Detail- und Kompositionsskizzen vorbereitet und erarbeitet. In der Zwischenzeit konnte als optimale Ergänzung dazu auch die grossformatige letzte Vorzeichnung erworben werden: die Komposition ist festgelegt, anstelle der einzelnen Bilder aber sehen wir nicht die Darstellungen, sondern die Angabe der Bildtitel im noch leeren Format: Die Vorzeichnung zeigt nicht die Bilder, sondern nennt die Bildideen, welche das Hubersche Bilder-Denken und sein Universum der Bilder bestimmen.

Beat Wismer

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