Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.
X
Thomas Flechtner, Gletsch, 2000
C-print auf Fotopapier auf Aluminium aufgezogen, 140 x 175 cm, Fotografie
Aargauer Kunsthaus Aarau

Die Fotografien des in Winterthur geborenen Thomas Flechtner (*1961) finden regelmässig in nationalen sowie internationalen Ausstellungen Berücksichtigung. Darüber hinaus sind sie in zahlreichen Sammlungen in der Schweiz und im Ausland vertreten. Bereits während seiner Studienzeit an der Ecole d’Arts Appliqués in Vevey wird Flechtner der Förderbeitrag der Jubiläumsstiftung der Schweizerischen Bankgesellschaft zugesprochen. Weitere Auszeichnungen sind das Eidgenössische Kunststipendium in den Jahren 1988, 1990 sowie 1992 und der dreijährige Stipendienaufenthalt der Stiftung Landis & Gyr in London von 1993 bis 1996.

Nach der Rückkehr in die Schweiz lässt sich Flechtner im Neuenburger Jura nieder, wo auf Wanderungen die ersten Schneebilder entstehen. 2002 fasst Flechtner die Bilderzyklen „Walks“ (2001), „Passes“ (1997–2001), „Colder“ (1996–2000) und „Frozen“ (2000) in der Publikation „Snow“ zusammen. Zusammen mit weiteren Werken wie „Higashi-Mokoto“ (2004, vgl. Inv.-Nr. 6371), „Yudonosan“ (2004, vgl. Inv.-Nr. 6370) und „Ritom“ (2001, vgl. Inv.-Nr. 6368) wird „Gletsch“ 2007 für die Sammlung des Aargauer Kunsthauses angekauft. Insbesondere „Gletsch“ und „Ritom“ bilden eine wichtige Ergänzung zu Flechtners winterlichen Nachtansichten der Stadt La-Chaux-de-Fonds aus dem Depositum der Sammlung Züst (vgl. Inv.-Nr. DSZ601–DSZ604).

Stets arbeitet Flechtner mit der Grossformatkamera. Die erforderliche Ausrüstung, die er als „archaisches Material“ bezeichnet, zwinge ihn zu einer langsamen Vorgehensweise, entspreche aber seinem Wesen. Entgegen unserem von Eile geprägten Alltag beanspruchen das Einrichten der Kamera sowie der Aufnahmeprozess viel Zeit, was dem Künstler aber hilft, „gedanklich mein Bild zu machen, noch bevor ich den Auslöser betätige“. Flechtners Arbeitsmethode widerspiegelt sich in seinen Fotografien: Sie strahlen eine intensive Ruhe aus und halten uns Betrachtende dazu an, genau hinzuschauen. Charakteristisch ist die Reduzierung auf ein Minimum von Elementen. In „Gletsch“ sind alle Spuren menschlicher Gegenwart auf eine Struktur von Linien und Punkten beschränkt. Flechtner bevorzugt eine abstrakte Bildhaftigkeit gegenüber einer motivischen Lesart der Berge, lässt aber trotzdem ein Gefühl von Erhabenheit aufkommen, wie sie Staffagefiguren in Caspar Wolfs Gebirgsdarstellungen erleben (vgl. Inv.-Nr. 184, 242, D254, D2091).

Mit den Worten „der Schnee ist geschmolzen“ schliesst Flechtner den „Snow“-Zyklus nach vierjähriger Tätigkeit ab. In der Folge entstehen Bilder von Kirschblüten („Sakura“, 2003), einheimischen Pflanzen („Blumen“, 2003–2006) und Landschaften („Sites“, 2002–2006) in bisher unbekannter Farbigkeit. Auch diese Darstellungen sind menschenleer und vor allem in den Fotografien von „Site“s – von Anbaufeldern für Tulpen in Holland oder portugiesischen Grasfarmen – kommt Flechtners Interesse stark zum Ausdruck: „Ich suche oft Bruchstellen, wo die Präsenz des Menschen spürbar wird, nicht das Heile, Harmonische.“ Darüber hinaus wohnt auch ihnen eine Stille inne, die eine Zeiterfahrung von unwirklicher Qualität ermöglicht.

Karoliina Elmer

X