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Alberto Giacometti, Buste d'homme, 1956
Bronze, 35.4 x 30.4 x 11.5 cm, Plastik/Skulptur
Aargauer Kunsthaus Aarau / Depositum der Alberto Giacometti-Stiftung, Kunsthaus Zürich

Von 1947 bis 1950 ist das Schaffen Alberto Giacomettis (1901–1966) vom Gestaltungsprinzip der Entmaterialisierung geprägt, was zu einer extremen Verdünnung seiner Figuren führt. Angeregt durch seine eigene Malerei arbeitet Giacometti in der Plastik nach dieser Phase jedoch vermehrt wieder nach dem Modell und nähert sich natürlicheren Formen an. So setzt er sich in den 1950er-Jahren intensiv mit der Modulierung von Köpfen auseinander.

1956 entstanden, zeigt die „Buste d’homme“ eindringlich das Resultat dieses Arbeitsprozesses, bei dem Giacometti versucht, die physische Präsenz und Energie einer Person in sein Medium zu übersetzen. Die physiognomische Erkennbarkeit tritt dabei in den Hintergrund. An die Stelle eines Sockels tritt die blockhafte Masse des Oberkörpers, auf dem ein winzig kleiner, in den Proportionen verloren wirkender Kopf ruht. Die materielle Schwere in der Frontalansicht wird in der extrem abgeflachten Profilansicht vollkommen negiert. Gleichzeitig bewirkt das schrundige Aufbrechen der Oberfläche eine formale Unruhe, die dem Blick nirgends Halt gewährt, sondern ihn nach oben, zum Kern der Plastik führt: zum Kopf. Als würde er alle Energie sammeln und auf sich lenken, übernimmt der Körper hier eine bei Büsten ungewöhnlich dynamische Funktion.

Der ambivalente Titel „Buste d’homme“ mag einen beliebigen Mann bezeichnen, es kann aber auch die Menschheit als Ganzes mitgedacht sein. Bei Giacometti ist die menschliche Existenz immer gefährdet, was auch bei der „Buste d’homme“ zum Ausdruck kommt. Mit der unruhigen Struktur der Oberfläche verweist der Künstler auf den amorphen Ursprung des Materials: Die Figur wird in einem ersten Schritt mit Ton geformt und durchläuft dann einen Prozess der mehrfachen Metamorphosen. Giacometti, der immer wieder verwirft, verändert und zweifelt, verweist auch mit der Wahl des Materials auf die Verletzlichkeit und Geworfenheit des Menschen.

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