Bronze, 174 x 29 x 32 cm
1953 erfüllt sich in Zürich für ein Dutzend Kunstschaffende ein lang gehegter Wunsch: An der Wuhrstrasse im Stadtteil Wiedikon kann ein von Ernst Gisel erstellter Wohn- und Atelierkomplex für Maler und Bildhauer seiner Bestimmung übergeben werden. Zu den ersten, die die Siedlung beziehen, gehört – an der Seite ihres Mentors und Lebensgefährten Otto Müller (1905 – 1993), einem Hauptinitianten des Projekts – auch die Zürcher Plastikerin und Malerin Trudi Demut (1927 – 2000). Demuts ganzes Œuvre entsteht in der Folge an dieser Adresse: im Rückblick ein kohärenter Weg von der Nachkriegsabstraktion zu einer verschmitzt-archaischen Figürlichkeit.
Eine Schlüsselposition in dieser Entwicklung nehmen – eingeleitet durch „Heiteres Figürchen“ (1975 – 1984) – die Arbeiten der späten 1970er- und der 1980er-Jahre ein. Gegenüber den zu Stelen reduzierten Figuren der 1950er- und 1960er-Jahre sowie den von bronzenen Tischen und Plinthen aufragenden Kuppen, die ab 1974 entstehen, weisen diese Werke eine klar formulierte Figürlichkeit auf. So trifft man unter anderem auf Kentauren, einen Philosophen, den jungen Mintoraurus und eine Maske
in Form eines Tierkopfs. Der Bezug zur Mythologie ist unübersehbar und schärft auch den Blick für antikisierende Elemente älterer Werke wie die kannelierte Säulenstruktur mancher Plastiken. Ein weiteres Merkmal dieser reifen Phase ist das Aufständern der Werke auf hüfthohen Stangen. Schon immer hat Demut die Vertikale betont, doch erhält sie beginnend mit „Heiteres Figürchen“ eine neue Qualität. Das Werkstück wird auf Augenhöhe gehoben und dadurch dem Dasein im Diminuitiv entzogen. Zudem erfahren die leicht überlängten Proportionen der flächig-kompakten, abgesehen von den ausgestreckten Armen kaum bewegten Figur durch die Stange eine zusätzliche Streckung. Man mag daher an die gelängten Auguren- und Votivstatuetten der Etrusker denken, wie sie etwa im Museum von Volterra oder dem Museo Nazionale Etrusco di Villa Giulia in Rom aufbewahrt werden. Ebenfalls erhellend ist ein Blick auf etruskische Kandelaber, deren Kopfende oft figürlich gearbeitet ist.
„Heiteres Figürchen“ und eine Variante auf einem langbeinigen Tischchen existierten zunächst lange nur als Gips. Der Vergleich mit einer Atelieraufnahme von 1983 zeigt, dass die Künstlerin dann für den Bronzeguss, den sie 1984 von der Giesserei Rüetschi in Aarau fertigen liess, die Konturen teils noch etwas glättete und den Kopf durch eine strengere Scheibenform ersetzte. Zugleich erhielt das Gesicht einen neutraleren Ausdruck.
Die Nachlässe von Trudi Demut und Otto Müller gingen 2002 in eine Stiftung ein und fanden unter Federführung von Architekt Ralph Baenziger im Art Dock, einem vorerst vom Abriss geretteten Teil des Zürcher Güterbahnhofs eine vorläufige Bleibe. „Heiteres Figürchen“ wurde jedoch bereits um 1995 vom Ostschweizer Sammlerpaar Elisabeth und Heinz Stamm direkt von der Künstlerin erworben und später von ihnen in die Hans und Wilma Stutz Stiftung eingebracht. Mit der Schenkung der Plastik
ist Trudi Demut nun erstmals auch im Kunsthaus vertreten.
Astrid Näff