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Thomas Hirschhorn, Über Katalog, Text, Edition, 1998
diverse Materialien, 247 x 445 x 46 cm, Installation
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung Sammlung Ringier Schweiz

Thomas Hirschhorn (*1957) nimmt in der zeitgenössischen Kunst eine besondere Stellung ein: Bekannt geworden ist er mit raumgreifenden Installationen, seiner Arbeit mit billigsten Materialien wie Plastik, Aluminiumfolie, Fotokopien oder Klebebändern. Wesentlich sind vor allem aber auch sein politisches Engagement und seine Unerschrockenheit, auch brisante Themen zu berühren und alle Sicherheiten über Bord zu werfen. Nicht selten ist Thomas Hirschhorn damit angeeckt und hat heftige Diskussionen und Kontroversen ausgelöst. Seine unverwechselbare Art und Weise, für brisante Themen, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Fragen fragile und unstabile formale Lösungen zu suchen, hat dem in Paris lebenden Schweizer Künstler internationales Renommee eingebracht. Seit Mitte der 1990er-Jahre hatte er verschiedene Einzelausstellungen und ist in bedeutenden Museumssammlungen vertreten.

Thomas Hirschhorn zählte bis anhin zu den prominentesten Lücken in der Aargauischen Kunstsammlung im Bereich der zeitgenössischen Kunst. Zwar verfügt das Aargauer Kunsthaus seit 2000 über ein charakteristisches Bildobjekt als Dauerleihgabe aus Privatbesitz, mit der Arbeit „Über Katalog, Text, Edition“ erhält es jetzt eine Installation als Geschenk. Anlass dieser Schenkung ist das Firmenjubiläum von Ringier, grosszügige Schenkgeber sind Michael und Ellen Ringier, die damit nicht zuletzt auch an die Aargauer Wurzeln des Medienunternehmens erinnern.

Das Thema der Installation „Über Katalog, Text, Edition“ ist weniger gesellschaftspolitisch, Thomas Hirschhorn rückt hier vielmehr sein Kunstverständnis, seine künstlerische Arbeitsweise und seine Gedanken über den Stellenwert der Kunst in der Gesellschaft ins Zentrum der Betrachtung. Auffallendstes Merkmal der Installation ist das leuchtend helle Rot der Folie, mit welcher ein provisorisch gezimmerter Schaukasten überzogen ist. Die Farbe unterstreicht den appellativen Charakter des Werkes, während der wackelige Unterbau die Unsicherheit betont, auf der jede Behauptung basiert. Die Botschaft, die hier vermittelt wird, ist aus sehr subjektiver Warte formuliert – sie bezieht sich ja primär auch auf die eigene Arbeit –, das Anliegen allerdings geht weit darüber hinaus und hat durchaus fordernden Charakter. Thomas Hirschhorn bestückt die Vitrine einerseits mit eigenen Publikationen, die er auf der horizontalen Fläche auslegt; anderseits klebt er auf die Rückwand Fotokopien von Texten, Briefen und Skizzen zu einzelnen seiner Ausstellungen; und schliesslich schreibt er mit schwarzem Filzstift direkt auf die Folie Erklärungen und Kommentare dazu. Immer wieder und aus unterschiedlicher Perspektive bringt Hirschhorn dabei zum Ausdruck, dass es ihm in seiner Kunst primär um Inhalte geht, denen sich nicht nur die Form unterzuordnen hat, sondern auch der Kunstbetrieb, der heute vor allem schöne Kataloge produziert und dabei die Anliegen der Kunst vergisst. „Jemand hat mich gefragt, wann ich dann einmal einen richtigen Katalog mit einem richtigen Text und dickem Umschlag machen werde? Ich lehne diese mystifizierende, einschüchternde, das ausgrenzen wollende von Katalogen, Texten, Editionen ab. Ich will mit meinem Betragen entmystifizieren und dedramatisieren. Ich bin gegen ‚Druckqualität’ und langweilige Texte, die niemand liest. Ich bin gegen Edition für eine ganz kleine ausschliessende Minderheit […] Ich bin überzeugt, dass nur Energie als Kriterium für alle verbindlich sein kann […].“

Stephan Kunz

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