Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.
X
Verena Loewensberg, Ohne Titel, 1957
Öl auf Leinwand, 77 x 77 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau
Copyright: Nachlass Verena Loewensberg, Henriette Coray Loewensberg, Zürich
Fotocredit: Jörg Müller

English, french and italian version below

In der Sammlung des Aargauer Kunsthauses bildet die hochwertige Werkgruppe der konkreten Kunst eine Brücke zwischen der historischen Abteilung und dem Bereich der zeitgenössischen Kunst. Verena Loewensberg (1912–1986) gehört zusammen mit Max Bill (1908–1994), Richard Paul Lohse (1902–1988) und Camille Graeser (1892–1980) zu den Schweizer Hauptvertretern der konstruktiv-konkreten Kunst, deren Entwicklung durch die politischen Geschehnisse im übrigen Europa unterdrückt wird. Die Zürcher Konkreten führen diese Kunstrichtung fort und systematisieren sie. Durch ihre Arbeit wird Zürich von 1936 bis in die 1950er-Jahre zu einem Zentrum der konkreten Kunst, die mit ihrer Präzision, Schnörkellosigkeit und Sauberkeit dem Bild der modernen Schweiz der Nachkriegszeit und der damals vorherrschenden Ideologie der „Guten Form“ entspricht.

Innerhalb der Gesinnungsgemeinschaft der Zürcher Konkreten nimmt Loewensberg eine aussenstehende Position ein: Sie ist die einzige Frau, verzichtet auf Theorieformulierungen und zeigt im Umgang mit Gesetzmässigkeiten einen freieren Umgang als ihre Künstlerkollegen. Sie hält sich fern von öffentlichen Diskussionen und konzentriert sich auf ihre eigenen Werke. Diese Umstände mögen ausschlaggebende Gründe dafür sein, dass sich ihre Anerkennung im Gegensatz zu ihren Kollegen um Jahrzehnte verzögert, obwohl es ihr an Unterstützung seitens der Zürcher Konkreten nicht fehlt. In den 1950er-Jahren spielt sie die Themen Rhythmus und Bewegung mit grösseren Formgruppierungen durch. Das vorliegende Sammlungswerk „Ohne Titel“ ist ein auffälliges Beispiel für den Aspekt der Rhythmisierung. Fünfundzwanzig Quadrate – neben Grün- und Blautönen sind rote Nuancen vorherrschend – ordnen sich zu einem vibrierenden Farbfeld.

Während Bill und Lohse mit den Titeln ihrer Werke die konstruktive Bildlösung an sich bezeichnen, erachtet Loewensberg Titel als „Belastung für das Werk und für dessen Betrachter, weil Vorstellungen vorweggenommen würden“. Wie die meisten ihrer Arbeiten ist auch dieses mit Ölfarben gemalt. Bemüht um handwerkliche Perfektion, die Teil ihrer künstlerischen Auffassung bildet, hält sich die Künstlerin an einen strengen Arbeitsablauf. Sie verzichtet auf das Abklebeverfahren und erarbeitet sich Bildkonstruktion und Bildformat mit kleinen Konstruktionsstudien auf Millimeterpapier. Sobald diese feststehen, vergrössert sie den Entwurf auf den Massstab 1:1 und legt ihn auf die grundierte Leinwand. Wichtige Stellen werden mit der Zirkelspitze punktiert, die Fläche wird mit Bleistift und Lineal unterteilt. Anschliessend beginnt der eigentliche Malprozess: Die Künstlerin trägt die Farben in mehreren Schichten dünn auf, bis die gewünschte Intensität erreicht ist. Die vorbereitenden Zeichnungen sind für Loewensberg Mittel zum Zweck. Sie hat sie in der Regel nach Gebrauch entsorgt.

Das Aargauer Kunsthaus realisierte 1992 eine Retrospektive der Künstlerin; in ihrem Nachgang konnte das Bild „Ohne Titel“ erworben werden.

Karoliina Elmer

***

o In the collection of the Aargauer Kunsthaus, the group of high-quality works of Concrete art forms a bridge between the historical and contemporary art sections. Along with Max Bill (1908–1994), Richard Paul Lohse (1902–1988) and Camille Graeser (1892–1980), Verena Loewensberg (1912–1986) is one of the Swiss protagonists of constructive and Concrete art, a movement whose development in the rest of Europe was suppressed due to the political events of the period. The Zurich Concretes continued this movement and systematised it. Owing to their work, Zurich became a centre of Concrete art from 1936 to the 1950s. The precision, simplicity and cleanliness of this art was consistent with the image of modern, post-war Switzerland and the ideology of “good form” that was prevalent at the time.

Loewensberg was an outsider within the community of convictions of the Zurich Concretes: She was the only woman, she refrained from formulating theories and she was less rigid than her fellow artists in her approach to laws. She avoided public debates and focused on her own works. Those circumstances may be the main reason why, unlike her colleagues, her recognition was delayed by decades, even though she did not lack support from the Zurich Concretes. In the 1950s she experimented with variations on the themes of rhythm and movement using larger groups of forms. “Untitled”, the work in our collection, is a striking example of the aspect of rhythmisation. Twenty-five squares – besides greens and blues, reds predominate – form a vibrating colour field.

While Bill and Lohse gave their works titles referring to the particular constructive pictorial solution itself, Loewensberg considered titles “a burden for the work and for its viewer, because ideas would be anticipated”. Like most of her paintings, this canvas is done in oil. Striving for technical perfection, which was part of her artistic understanding, the artist adhered to a strict working process. Foregoing masking, she worked on pictorial construction and image format in small studies on graph paper. Once these were established, she enlarged the drawing to a scale of 1: 1 and placed it on the primed canvas. Important spots were punctured with the point of a compass and the surface was divided up with pencil and ruler. Then the actual painting process began: the artist applied the paint thinly in several layers until the desired intensity was reached. For Loewensberg, the preparatory drawings were a means to an end; she usually disposed of them after use.

In 1992, the Aargauer Kunsthaus organised a retrospective of the artist and was subsequently able to acquire the painting “Untitled”.

Karoliina Elmer

***

X