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Serge Brignoni, Personnes à la plage, 1930
Oil on canvas, 27 x 46 cm, Gemälde
Aargauer Kunsthaus Aarau

Serge Brignoni (1903–2002) zählt neben Alberto Giacometti (1901–1966), Kurt Seligmann (1900–1962), Gérard Vulliamy (1909–2005) und Meret Oppenheim (1913–1985) zu den Hauptvertretern des Schweizer Surrealismus. Im Tessin geboren und in Bern aufgewachsen, besucht er als junger Erwachsener die Kunstakademie in Mailand, die Berliner Hochschule für bildende Künste und die Académie André Lhote in Paris. In der französischen Hauptstadt kommt er mit den Surrealisten um Tristan Tzara (1896–1963) und André Breton (1896–1966) in Kontakt, an deren Ausstellungen er ab 1935 teilnimmt. Durch die Beschäftigung mit Kubismus und metaphysischer Malerei entwickelt er eine eigenständige surrealistische Bildsprache, die dem Organischen und Metamorphischen der Natur und des menschlichen Körpers verpflichtet ist. Zur Sammlung des Aargauer Kunsthauses gehören Werke aus den 1930er- und 1940er-Jahren, die 2018 in der gross angelegten Überblicksausstellung „Surrealismus Schweiz“ mehrheitlich zum ersten Mal überhaupt präsentiert werden.

„Personnes à la plage“ aus dem Jahr 1930 datiert aus einer Schaffensphase, in der sich die Beschäftigung mit der metaphysischen Malerei von Giorgio de Chirico (1888–1978) und die Hinwendung zum Surrealismus überlagern. An diesem Schnittpunkt bietet das klassische Motiv der Badenden dem Künstler Gelegenheit, seine Suche nach einer Formensprache voranzutreiben, mit der sich „heimliche Verwandtschaften“ zwischen den Dingen und ihren inhärenten Bedeutungen sichtbar machen lassen. In der Wahl dieses Sujets wirkt zum einen die eingehende Beschäftigung mit den Impressionisten und Postimpressionisten, insbesondere Paul Cézanne (1839–1906) nach, die Brignonis Frühwerk der 1920er-Jahre charakterisiert; zum anderen ist sie vermutlich dem Umstand geschuldet, dass er die Sommermonate der Jahre 1928 bis 1932 im südfranzösischen Collioure an der Küste verbrachte. Ohne Kenntnis des Werktitels bleibt das Bildthema jedoch weitgehend unklar; in einem nur rudimentär angedeuteten Tiefenraum sind vier mit losen Pinselstrichen auf das zeichenhaft Wesentliche vereinfachte Frauenakte platziert. Dazwischen spannen sich in gedämpften Erdtönen dünn aufgetragene Farbflächen auf, ein Grossteil der Leinwand bleibt jedoch unbemalt als solche erkennbar; die Struktur des aufgespannten Leinenstoffs rastert gleichsam die gesamte Bildfläche.

Angesichts der abstrahierenden Vereinfachung und Reduktion der malerischen Mittel nimmt dieses Werk eine singuläre Stellung in Brignonis Œuvre ein. Von der Auseinandersetzung mit der metaphysischen Malerei zeugt der bühnenartige Bildaufbau, der dem maritimen Sujet seine Leichtigkeit nimmt. Die Komposition schafft eine hintergründige Atmosphäre, die auf die Betonung der symbolischen Bezüge zwischen den einzelnen Bildelementen abzielt.

Raphaela Reinmann, 2018

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