Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.
X
Louis-Léopold Boilly, Bildnis Baron Oberkampf, 1810
Öl auf Leinwand, 21.5 x 17 x 1.5 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau
Copyright: gemeinfrei
Fotocredit: Brigitt Lattmann

Der französische Maler und Lithograf Louis-Léopold Boilly (1761–1845) wird insbesondere mit seinen von Witz und Grazie gezeichneten Genreszenen des Pariser Lebens in der Zeit der Französischen Revolution sowie des napoleonischen Empires in Verbindung gebracht. Seine Bilder dokumentieren das soziale Leben der Ober- sowie der Mittelklasse und sind als historische Quellen für wissenschaftliche Fragestellungen von Bedeutung. Boilly widmet sich mit Genauigkeit dem öffentlichen und privaten Alltagsleben in und ausserhalb von Paris und hinterlässt eine lebendige visuelle Repräsentation der damaligen Epoche. Seine bekanntesten Gemälde sind „Triomphe de Marat“ (1794, Musée des Beaux-Arts de Lille) oder „Le Portrait de Robespierre“ (um 1790, Musée des Beaux-Arts de Lille), die seine Fähigkeit beweisen, den besten Moment für seine Darstellung auszuwählen und Stimmungen zu beschreiben.

Über die künstlerischen Anfänge des im nordfranzösischen La Bassée geborenen Boilly ist wenig bekannt. Erste Unterweisungen scheint er von seinem Vater, einem Holzbildhauer, erhalten zu haben. Er zieht 1785 nach Paris und wird rasch zu einem der gefragtesten Porträtisten vornehmlich der bürgerlichen Gesellschaft, aber auch in Kreisen alter Aristokratenfamilien. Seine Malerei lässt auf ein sorgfältiges Studium der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts schliessen; insbesondere die Genremaler Gerhard ter Borch (1617–1681) und Pieter de Hoogh (1629–1684) dienen ihm als Vorbild. Während der Revolutionszeit erreicht Boilly den Höhepunkt seines Schaffens: Der produktive Künstler lithografiert viele Werke eigenhändig, und darüber hinaus verhelfen damalige Radierer der Verbreitung seiner Arbeiten.

Mit der Präsentation von mehreren kleinformatigen Porträts am Pariser Salon im Jahr 1800 preist Boilly sein neues Unternehmen an. Die Kritiker verspotten seine Aussage, dass er jedes Bildnis während einer Sitzung von zwei Stunden gefertigt habe. Boilly aber beweist Geschäftssinn, denn er bietet der Öffentlichkeit einen neuen Porträttyp, der bis anhin nicht verfügbar war: erschwingliche und schnell produzierte Ähnlichkeit in Öl. „Bildnis Baron Oberkampf“ entspricht mit dem standardisierten Format von 22 mal 17 cm ganz Boillys Formel. In effizienter Ausführung malt er jedes Gemälde direkt, ohne Unterzeichnung oder vorbereitende Skizze, auf dünn grundierte Leinwand von grober Qualität und fertigt auf diese Art schätzungsweise 6000 Porträts. In präziser Malweise und gepflegter Farbgebung wird eine ältere männliche Person im Brustporträt wiedergegeben. Typisch sind die Dreiviertelansicht von rechts oder links vor schlichtem Hintergrund und der Verzicht auf Dekoration oder Attribute. Den Kopf dreht der Dargestellte uns Betrachtenden zu. Exakt beschreibt Boilly Details wie die Rötung der Backen sowie Zeichen des Alters. Auch der Kleidung und deren Textilien schenkt der Künstler Aufmerksamkeit, indem er die unterschiedlichen Texturen des weissen Hemds, der grauen Weste und des dunklen Überziehers erfasst. Bei dem Porträtierten handelt es sich um Christoph-Philipp Oberkampf (1738–1815), den Gründer der Manufacture des Toiles de Jouy-en-Josas. Boilly arbeitet verschiedentlich für Oberkampf und fertigt auch narrative Bildnisse, beispielsweise „Herr Oberkampf und seine Kinder“ (1803, Privatsammlung), die den Industriellen in einem sozialen Kontext im Kreis seiner Familie zeigen.

Karoliina Elmer

X