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Sophie Taeuber-Arp, Cercles et barres, 1934
Oil on canvas, 64 x 74 cm, Gemälde

Sophie Taeuber-Arp (1889–1943) gehört zu den wichtigsten Schweizer Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts und international zu den Pionierinnen der abstrakten und geometrisch-konstruktiven Kunst. Das Aargauer Kunsthaus widmete ihr 1989 eine grosse Retrospektive und hat sich seither darum bemüht, wichtige Werke für die Sammlung zu erwerben. Einzelne Ankäufe und vor allem ein umfangreiches Depositum haben dazu geführt, dass Sophie Taeuber-Arp heute ein Schwerpunkt der Aargauischen Kunstsammlung bilden.

Dank einer anonymen Schenkung ist es 2005 gelungen, das bedeutende Ölbild „Cercles et barres“ zu erwerben und damit diesen Schwerpunkt weiter auszubauen. Das Gemälde ist in einer wichtigen und besonders fruchtbaren Werkphase von Sophie Taeuber-Arp entstanden und kann als ein Hauptwerk aus der Zeit bezeichnet werden, als die Künstlerin zu Bildlösungen fand, in denen „bewusst einfacher werdende gestaltungsmittel ein sensibles gleichgewicht von farbe und form“ erreichen (Siegfried Giedion).

Sophie Taeuber-Arp hat für sich schon ganz früh zu einer elementaren Ausdrucksweise gefunden: Im Unterschied zu anderen Künstlerinnen und Künstlern ihrer Generation kam sie nicht über den Weg einer zunehmenden Abstraktion zur Ungegenständlichkeit, sondern fand dank ihrer Herkunft von der Textilgestaltung und vor allem der Webkunst ganz direkt dazu. Ebenso selbstverständlich war es für sie aber auch, ganz undogmatisch geometrische Flächengestaltung und gegenständliche Motive zu kombinieren. In den späten 1920er-Jahren zeichnen sich in ihrem Werk zunehmend konstruktivistische Tendenzen ab. Diese künstlerische Entwicklung ging einher mit dem Entschluss, die Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule in Zürich aufzugeben (sie unterrichtete hier seit 1917 textiles Entwerfen) und mit ihrem Mann Hans Arp (1886–1966) nach Paris zu übersiedeln.

Sophie Taeuber-Arp blieb eine vielseitig engagierte Künstlerin: Sie gestaltete Inneneinrichtungen und Buchumschläge und war Herausgeberin und Redakteurin einer eigenen Zeitschrift. Das künstlerische Umfeld in der Metropole, die Mitgliedschaft in Künstlergruppen wie „cercles et carrés“ und „abstraction-création“ und damit zusammenhängende Ausstellungstätigkeiten führten sie aber mehr und mehr zur autonomen Kunst. In dieser Zeit entstanden auch die ersten Ölgemälde und Reliefs. Weitgehend sind sie der Werkgruppe der „Dynamischen Kompositionen“ zuzuzählen, die ab 1931 entstand und sich durch eine Vereinfachung der Bildmittel auszeichnet. Elementare Grundformen und Linien sind scheinbar schwerelos auf einer weissen Grundfläche angeordnet. In diesen Kontext gehört auch das Bild „Cercles et barres“ von 1934, in dem Sophie Taeuber-Arp ein harmonisches Gleichgewicht der Elemente erreicht, ohne sich einer strengen, strukturierenden Ordnung zu unterziehen. Es gelingt ihr hier, reine Konstruktion und spielerische Intuition aufs Schönste zu verbinden und eine Synthese der Kräfte zu erreichen, die ihr Werk von Anbeginn an prägten.

Sophie Taeuber-Arp vertrat in den frühen 1930er-Jahren im Kreis der internationalen Avantgarde in Paris eine anerkannte Position. Dem entspricht auch die Herkunft des Bildes: Es gehörte einst Yvonne Zervos, die in Paris die Galerie des Cahiers d’Art leitete und 1934 eine Ausstellung u.a. mit Sophie Taeuber-Arp organisierte. Vermutlich eine Verwechslung im Werkkatalog von 1948 führte dazu, dass das Bild seither unter dem Titel „Composition à grandes et petites formes“ ausgestellt und publiziert wurde. Eine bezeichnete Fotografie aus der Zeit sowie ein Vergleich der stets beschreibenden Titel führen uns zur Umbenennung des Bildes und Wiedereinführung des ursprünglichen cercles et barres.

Stephan Kunz

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