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Ludwig Gelpke, Das Ei, 1939
Mischtechnik auf Leinwand auf Holz, 50.8 x 45.5 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung aus Privatbesitz

Ludwig Gelpke (1897–1982) stammte aus einer Arztfamilie und wuchs in Liestal auf. Er liess sich als Allgemeinmediziner ausbilden und nahm parallel dazu Malstunden bei befreundeten Zeichnungslehrern. Obwohl er ein ambitionierter Autodidakt war, arbeitete er lange hauptberuflich als Landarzt. Sein malerisches Schaffen war einem grösseren Publikum kaum bekannt, auch weil er stets abseits der grossen Zentren lebte und sich in seiner Malerei wenig mit zeitgenössischen Stilströmungen auseinandersetzte.

Die stilistische Entwicklung seines Œuvres kann in verschiedene Phasen unterteilt werden. Nach einer Beeinflussung durch Ferdinand Hodler (1853–1918) im Frühwerk setzte sich Gelpke in den 1920er und 1930er-Jahren mit den Kompositionen und der Malweise niederländischer Gemälde des 17. Jahrhunderts und der alten Deutschen Malerei zur Zeit Albrecht Dürers (1471–1528) auseinander. Von 1940 bis ins Spätwerk beschäftigte er sich vermehrt mit den Expressionisten.

In einer weiten, kahlen Landschaft mit niedrigen Hügelzügen liegt ruhig ein See. Geborgen zwischen detailgetreu gemalten Grasbüscheln und Pflanzenrispen befindet sich im Vordergrund auf einem schmalen Bodenstück ein Ei. Der Detailnaturalismus des Vordergrundes steht in einem eindringlichen Kontrast zu den Formen der kargen Natur des Hintergrundes. Diese beiden Bildbereiche werden durch eine gleichmässige Lichtstimmung und durch erdige Farben geeint.

In den 1930er-Jahren reiste Gelpke mehrmals nach Skandinavien. Auf diesen Reisen machte er Landschaftsaquarelle, die ihm später im Atelier als Anregungen für seine Kompositionen dienten. Die weite, verlassen wirkende Landschaftspartie im vorliegenden Gemälde wurde aus verschiedenen Studien aus Island zu einer Kompositlandschaft zusammengefügt. Diese kombiniert Gelpke mit einem differenziert gestalteten Wiesenstück in Nahsicht, zu dem er nachweislich durch eine Pflanzenkiste, die seine Frau angelegt hatte, angeregt wurde.

Welcher Symbolwert kommt dem Ei zu, das an prominenter Stelle in der auf die Mittelachse des Bildes ausgerichteten Komposition liegt? Es soll aufgrund seiner Lage in der Urlandschaft geheimnisvolles Leben ankünden, ohne dabei auf das aktuelle Zeitgeschehen Bezug zu nehmen. (Corinna Thierolf, 1994)

Gelpkes Œuvre befindet sich zum grössten Teil im Besitz der Familie und bei einigen wenigen Privatsammlern. Erst in den letzten Jahren gingen Werke in öffentliche Sammlungen ein. Aus einem Selbstzeugnis des Künstlers geht hervor, dass er das Bild, das dem Aargauer Kunsthaus aus dem Nachlass geschenkt wurde, als ein Hauptwerk beurteilte.

Corinne Sotzek

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