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Peter Hächler, Würfelobjekt, 1988
Chrom, Nickel, Stahl, 110 x 128 x 120 cm, Plastik/Skulptur
Aargauer Kunsthaus Aarau

Auf Anraten seines Vaters, Schreinermeister und Mitglied des progressiven Schweizerischen Werkbundes (gegründet 1913), studiert Peter Hächler (1922–1999) ab dem Jahr 1945 Architektur in Genf. Im Welschland trifft Hächler auf ein progressives, künstlerisches Umfeld, was einen grossen Bruch mit seiner Geburtsstadt, Lenzburg, darstellt, wo bis in die späten 1960er-Jahre fast keine Künstler ungegenständlich arbeiten. Insbesondere der Kontakt mit Werken von Le Corbusier (1887–1965) prägen das neue Kunstverständnis des Studenten. Interessiert am Dialog zwischen Architektur und Kunst, wechselt Hächler schliesslich an die Bildhauerklasse der Ecole des Beaux-Arts. Die in Genf betriebene mathematische Form-Analyse an Modellen beeinflusst dann auch das figurative Frühwerk des Künstlers und schärft seinen Sinn für geometrische Strukturen. Ab 1949 lebt Hächler in Paris und assistiert dort unter anderem der Künstlerin Germaine Richier (1902–1959).

1958 kehrt er aus Paris nach Lenzburg zurück und stösst auf der Suche nach einfachen Grundmustern, die sich oft an der Natur orientieren, immer mehr in die Abstraktion vor. Werke aus dieser Zeit – so die figurative Bronze-Figur „Filet de sole“ (1953) – aus dem Aargauer Kunsthaus, zeigen noch den Einfluss Germaine Richiers. Hächler arbeitet in der Folge immer abstrakter, um ab 1969 gänzlich zur Konstruktion zu wechseln. Material- und Formenexperimente spielen auf der Suche nach einem eigenständigen, künstlerischen Ausdruck eine besondere Rolle: Aus Holzbalken schafft Hächler komplex geordnete Scheiterhaufen, aus Beton giesst er multiplizierbare Formen und Prismen. Räder und Gerüststangen werden zu dreidimensionalen Raumzeichnungen verschraubt. Kunststoff, Eisenguss und im Spätwerk oft Chromstahl erweitern das Spektrum. „Der erstrebte Ausdruck ist für die Materialwahl entscheidender als die technischen Bedingungen“, so der Künstler.

Das Werk „Würfelobjekt“ (1988) aus der Sammlung des Aargauer Kunsthauses ist ein Spätwerk Hächlers, welches gemäss dem Titel vorgibt, einen Würfel darzustellen, in seiner Ausgestaltung jedoch viel komplexer ist. Das aus Chrom-Nickel-Stahl industriell gegossene und schliesslich zusammengeschweisste Formengefüge lässt, ausgehend von normierten Grundelementen, einen spielerischen Organismus entstehen. Je nach Betrachtungsperspektive verändert sich das Werk; ein fliessender Übergang verbindet verschiedene geometrische Formen. Die Natur ist dem Künstler Vorbild: So wie sie jeden Organismus aus identischen Molekülen generiert, baut auch Hächler seine Skulpturen auf. Dies unterscheidet seine Arbeiten von den Werken streng konstruktivistisch arbeitender Künstler. Hächlers Zeitgenosse Max Bill (1908–1994) beispielsweise, versteht seine konstruktiven Werke als eine Ausdrucksform der ungegenständlichen Kunst, die nicht von der Anschauung abstrahiert. Hächlers dreidimensionalen Objekte kommunizieren sehr bewusst mit ihrem Umgebungsraum und beziehen diesen, so auch im „Würfelobjekt“, direkt ein. Unabhängig von der Betrachtungsperspektive wird dieser durch Öffnungen mit einbezogen, wobei sicherlich auch Corbusiers Aussage mitschwingt, dass sich „die gesamte Geschichte der Architektur und Kunst ausschliesslich um die Maueröffnungen drehe“.

Eine zentrale Bedeutung im Œuvre Hächlers kommt seinen orts- und architekturspezifischen Arbeiten zu: Insbesondere im Kanton Aargau, wird sein Ansatz auf zahlreichen öffentlichen Plätzen manifest. Auch das „Würfelobjekt“ wird lange Zeit im Park hinter dem Rathausgebäude in Aarau gezeigt. Durch die spezifische Platzierung im frei zugänglichen Raum, übernehmen die Werke des Künstlers oft Strukturen und Formen der Gebäude oder kontrastieren sie durch neue Formordnungen. Die Öffentlichkeitwahrnehmung der Kunst war Peter Hächler stets wichtig, so war er lange Zeit kulturpolitisch engagiert, unter anderem als langjähriger Zentralpräsident „Gesellschaft Schweizer Maler und Bildhauer“.

Christian Herren

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