Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.
X
Emma Kunz (Penta), No. 398, ohne Jahr
Farbstift auf braunem Millimeterpapier / Crayon on brown scale paper, 83 x 83 x 4.9 cm, Arbeit auf Papier

Die auf Millimeterpapier geschaffene grossformatige Farbstiftzeichnung entfaltet eine beeindruckende Sogwirkung. Emma Kunz (1892 – 1963), die Urheberin des Werks, hat sich für eine symmetrische, zentralperspektivische Konstruktion entschieden. Der Aussenrand der Kreisform schimmert in hellem Rot und lässt an den feurigen Saum der Abendsonne denken. Zur Kreismitte hin nimmt die Strichstärke zu. Sich kreuzende Linien bilden ein netzartiges Band, das sich nach innen abzusenken scheint. Eingelassen in diesen Reifen ist ein spitz aufgestelltes Quadrat. Dieses besteht aus braunen und roten Linien. Mehrere Tangenten, Verbindungen und ausgemalte Segmente führen zur Ausbildung weiterer Kreise, Quadrate und eines blütengleichen Bildmittelpunkts.

Die im aargauischen Brittnau geborene Emma Kunz wurde in den 1940er-Jahren als Heilpraktikerin bekannt. Sie verfügte über die Begabung, unsichtbare Kräfte und Strahlen wahrzunehmen und diese für die Heilung von Menschen zu nutzen. Zunächst wurde sie kritisiert und verspottet, doch bald wurde sie für ihre zahlreichen Heilerfolge bewundert. Legendär ist die Heilung des sechsjährigen Anton C. Meiers, den sie unter Verwendung eines Pendels und der Verschreibung des Heilgesteins Aion A, das sie im Römersteinbruch bei Würenlos fand, von seiner Kinderlähmung erlöste. Zu Ehren von Emma Kunz und zur Erhaltung und Fortführung ihres Schaffens erbaute Anton C. Meier 1986 am Würenloser Kraftort das Emma Kunz Zentrum.

Neben ihren Erfolgen auf dem Gebiet der Alternativmedizin hat Kunz es mit ihren Zeichnungen zu internationaler Anerkennung geschafft. Sie selbst verstand sich aber nie als Künstlerin – vielmehr begriff sie sich als Forscherin. Und tatsächlich: Wie die Werkgenese zeigt, nutzte Emma Kunz das Zeichnen als Werkzeug, um Gesetzmässigkeiten, die sie erahnte, sichtbar zu machen. Vor jeder Arbeit stellte sie eine Frage. Das Pendel schlug aus. Dem Energiestrom folgend, platzierte sie Punkte auf dem Papier, die sie dann miteinander verband. Aus den Bildsystemen zog sie wichtige Erkenntnisse für ihre Arbeit.

Viele Sammler und Kunstfachleute schätzen an den Werken von Emma Kunz die unvergleichbare Abstraktion, die nicht aus einer ästhetischen Absicht heraus, sondern aus der Verbindung von Wissenschaft und Intuition hervorging. Der einstige Direktor des Aargauer Kunsthauses, Heiny Widmer, war massgeblich an der Entdeckung und Rezeption des Oeuvres beteiligt. 1973 zeigte er die Werke von Emma Kunz im Aargauer Kunsthaus und damit zum ersten Mal im Kunstkontext. Zudem konnte er für das Kunsthaus drei Werke erwerben, denen sich später weitere beigesellten. Die hier besprochene Zeichnung aus dem Nachlass von Charles Schiffmann reiht sich in diese Geschichte gegenseitiger Hochschätzung ein. Als Depositum fand sie 2018 zusammen mit einem zweiten Blatt Eingang in die Bestände. Schiffmann hat sie einst als Geschenk bekommen und zwar von niemand Geringerem als von Anton C. Meier.

Julia Schallberger

X