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Max Gubler, Klosterdächer Unterengstringen, 1950
Oil on canvas, 130 x 162 cm, Gemälde
Aargauer Kunsthaus Aarau / Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bundesamt für Kultur, Bern / Dauerleihgabe im Aargauer Kunsthaus Aarau

Der Expressionismus ist in der Sammlung des Aargauer Kunsthauses mit Werken internationaler und nationaler Kunstschaffender gut vertreten. Die Kunstrichtung konnte sich in der Schweiz lange halten, einerseits weil sie später einsetzte als in Deutschland oder Frankreich, andererseits weil sie an verschiedene Einzelkünstler gebunden war, die ihren Blick immer wieder von innen nach aussen richteten und das Gefühl über die Wahrnehmung der äusseren Wirklichkeit stellten. Zu diesen zählt einer der bedeutendsten Maler der Gegenwart: Max Gubler (1898–1973), der mit seinen Brüdern Eduard (1891–1971) und Ernst (1895–1958) – beide ebenfalls Maler bzw. Bildhauer – den Expressionismus über die eigentliche kunstgeschichtliche Epoche hinaus weiterentwickelte.

Gubler kommt früh mit Expressionisten in Kontakt – während des Ersten Weltkriegs lernt er emigrierte Künstler und Literaten in Zürich kennen, und durch die Freundschaft zu Else Lasker-Schüler (1869–1945) wird der Berliner Kunsthändler Paul Cassirer (1871–1926) auf ihn aufmerksam. Trotzdem schlägt Gubler den malerischen Weg zunächst über feine, helle Töne ein, bevor sich die expressionistischen Elemente in seinem Spätwerk vollends entfalten. Ermutigt durch den Galeristen Han Coray (1880–1974) und durch Cassirer bricht Gubler das Lehrerseminar ab, um Künstler zu werden. Er verbringt prägende Jahre in Italien und Paris und lässt sich 1937 definitiv in der Peripherie Zürichs nieder. Von seinem Atelier auf einer steilen Böschung über der Limmat aus erschliesst sich Gubler seine nächste Umgebung – neben dem Gaswerk in Schlieren bildet das Kloster Fahr ein wiederkehrendes Motiv, und er erschafft sich, wohl in bewusster Opposition zu den Zürcher Konkreten, sein umfangreiches farbiges und bewegt gemaltes Œuvre.

Gublers Werk orientiert sich an den traditionellen Bildgattungen und besteht aus Landschaften, Stillleben, Figuren, Interieurs mit Figuren, Mehrfigurenkompositionen sowie Selbstbildnissen. Im Vordergrund steht für ihn die Malerei als Malerei. Das Motiv ist von sekundärer Bedeutung, und er beschränkt sich auf einige wenige, die er immer wieder aufgreift. Für die Realisierung und Verdichtung seiner Bildinhalte entwickelt Gubler die Methode, in Bildreihen zu arbeiten. Dieses Verfahren wendet er insbesondere in der Zeit zwischen 1937 und 1950 an. In einer lange erprobten Reihe aus den 1940er-Jahren dominieren neben Selbstbildnissen und stehenden Frauengestalten mit aufgestütztem Arm vor allem Landschaften um das Kloster Fahr. Ausgehend von einer Impression der Natur, erarbeitet er ein Bild in zahlreichen, unmittelbar aufeinanderfolgenden Fassungen, bei denen es sich nicht um Variationen, sondern um die Präzisierung eines Themas handelt.

Folglich gehorcht die vorliegende Winterlandschaft einem ähnlichen Aufbau und einer räumlichen Schichtung wie andere von Gublers Landschaftsbildern des Klosters Fahr: im Vordergrund eine Wiese, das Klostergebäude im Mittelgrund und ein abschliessender Hügelzug. Die hellen Farbtöne des Vorder- und Hintergrundes kontrastieren stark mit den schwarz-roten Klosterdächern und dem blauen bewaldeten Hügelzug dahinter. Die von Schnee bedeckte Ebene dient dem Künstler als Vorlage für ein Farbenspiel, und wie vor ihm u.a. Giovanni Segantini (1858–1899), Giovanni Giacometti (1868–1933) oder Cuno Amiet (1868–1961) offenbart auch ihm der Winter neue Bildmöglichkeiten. Besonders augenfällig sind die abstrakten Strukturen, die sein Werk durchsetzen und zum Beispiel im Baum vor den Häusern des Bildmittelgrunds zu beobachten sind.

Karoliina Elmer

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