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Helmut Federle, Ohne Titel, 1977
Dispersionsfarbe auf Karton, 69.5 x 99.5 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau
Copyright: ProLitteris, Zürich

Im Schaffen von Helmut Federle (*1944) markieren die Jahre um 1977/78 eine entscheidende Wendung. Tritt der in St. Margrethen aufgewachsene Künstler zu Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit vornehmlich mit Arbeiten auf Papier in Erscheinung, die häufig Berge als Motiv haben, so entstehen ab 1976 eine Reihe von Werken, die den Weg ebnen für die grossformatigen Kompositionen in Schwarz und in unreinen Graugelbtönen. Mit ihnen wird Federle in den 1980er-Jahren international bekannt, und er etabliert sich als einer der führenden Vertreter der autonomen abstrakten Malerei. Thema jener Werkgruppen ist die äusserste Reduktion der Bildmittel und damit die Hinwendung zur reinen Abstraktion.

Die erste dieser Reihen beginnt Federle 1976 – die sogenannten „Black Series“, in denen er auf papierenem Grund rechteckige und quadratische schwarze Flächen in unterschiedliche Verhältnisse setzt. Eine weitere Gruppe entsteht zwischen 1977 und 1978 und umfasst etwas über zwanzig ebenfalls streng geometrisch organisierte Arbeiten. Sie setzen sich alle aus rechtwinkligen Farbflächen zusammen, weisen meist ein einheitliches Format von ungefähr 70 mal 100 cm auf und sind auf Papier oder Karton gemalt. Die Farbigkeit ist stark zurückgenommen; Grau- und Schwarztöne herrschen vor. Aus dieser Schaffensphase befinden sich drei Arbeiten in der Sammlung des Aargauer Kunsthauses. Neben der hier besprochenen titellosen Arbeit von 1977 eine weitere auf Papier („Ohne Titel“, 1977, Inv.-Nr. 4409) sowie ein Werk, das Anfang 1979 den Abschluss dieser Werkserie markiert und erstmals eine gelbe Fläche aufweist („Ohne Titel“, 1979, Inv.-Nr. 5042). Eine Ausnahme bildet auch das Blau in der vorliegenden Arbeit, das in Form schmaler Rechtecke am oberen sowie rechten Bildrand aus dem Bild hinausdrängt. Der Grund ist mittelgrau, eine dünne vertikale Linie markiert die Bildmitte; zudem sind zwei anthrazitfarbene Quadrate symmetrisch in die beiden oberen Ecken platziert. Der Bildaufbau ist simpel. Die Art und Weise, wie sich die Quadrate und Rechtecke um den Bildrand und zueinander gruppieren, erzeugt eine Ambivalenz zwischen Spannung und Beruhigung, die dem Bild trotz seiner spröden Erscheinung Attraktivität und Leichtigkeit verleiht. Nichtsdestotrotz: Als Federle 1979 die Arbeiten in seiner Einzelausstellung in der Kunsthalle Basel erstmals zeigt, fallen die Reaktionen verhalten aus. Die Radikalität, mit der sich Federle zur reinen Abstraktion hinwendet, mag überrascht haben. Vermisst wird das Motiv des Berges, aber auch die Sensibilität der Zeichnungen, die in den neuen Arbeiten von einem kalten Formalismus abgelöst scheint. Rückwirkend markiert die Werkgruppe den Moment, in dem sich Federle vom erhabenen Motiv – dem Berg – verabschiedet und sich zur „Erhabenheit der reinen Form“ hinwendet. Zugleich liegen in dieser Phase die Wurzeln für spätere Bildschöpfungen, etwa der „Null Bild Serie“ oder der „Corner Field Paintings“, die Federle in den 1990er-Jahren malt.

Yasmin Afschar

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