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Aldo Walker, Wand-Boden-Bild, 1969/1989
Stoff, Metallösen und Draht, 420 x 210 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau
Copyright: Nachlass Aldo Walker

Aldo Walker (1938–2000), als Künstler Autodidakt, hat es dem Publikum mit seinem anspruchsvollen Œuvre nie leicht gemacht. Dies zeigt sich bereits 1964, als er in demonstrativ offensiver Geste eine Anzahl seiner älteren Gemälde mit dem Schweissbrenner überarbeitet und sie so von ihrer semantischen Sinnschicht befreit. In der Folge verlegt er seine Suche auf übergeordnete Werkaspekte und avanciert, von der breiten Öffentlichkeit trotz wichtiger Ausstellungen weitgehend verkannt, zu einem der wichtigsten Künstler-Theoretiker seiner Zeit.

Walkers Schaffen fusst ungeachtet des rigiden auslöschenden Akts, der die Werkentwicklung einleitet, auf der Ansicht, dass Kunst ohne Inhalt – Kunst als Kunst – bedeutungslos ist. Mit der Forderung der Konzeptkunst, dass das Werk als Idee von seiner Umsetzung unabhängig existieren könne, passt dies daher im Umkehrschluss zunächst gut zusammen. Walkers Beiträge zu den Ausstellungen „Live in Your Head. When Attitudes Become Form“ (Kunsthalle Bern, 1969) und „Visualisierte Denkprozesse“ (Kunstmuseum Luzern, 1970) zeigen, wie der Kernpunkt der Konzeptkunst als primär gedankliche und erst in zweiter Linie begrifflich-bildliche Artikulation sich bei ihm festhakt. Aus der Distanz wird aber auch deutlich, dass es Walker, wenn er etwa einen Tisch in Kissenform oder gewellte Bilder aus geteerter respektive kunstharzversteifter Plane konzipiert, nicht so sehr um die Originalität der Idee, sondern bereits von Anfang an um ihre Kommunizierbarkeit und somit um Fragen der sprachlichen Übereinkunft und des situativ veränderlichen Umgangs mit den Codes der Verständigung geht.

Zu diesen frühen Werken, die sowohl um die Materialisierung wie um die Lesbarkeit kreisen, zählt auch das vorliegende, vom Wesen her eigentlich als Objekt einzustufende „Wand-Boden-Bild“. Es basiert auf einer Ideenskizze von 1969, ist in der gegebenen, vereinfachten Form aber erst 1989 für Walkers Übersichtsausstellung „Früher oder später“ im Kunstmuseum Luzern angefertigt worden. 28 Quadrate aus grau-weiss gestreifter Meterware, wie sie bei Sonnendächern oder Strandkörben häufig vorkommt und im Kunstkontext an Daniel Buren (*1938) erinnert, sind mithilfe metallener Ösen und Schlaufen so aneinandergefügt, dass die Streifen ein durchlaufendes Längsmuster ergeben. Vier weitere Quadrate sind ausgespart und bilden paarweise je eine Leerstelle, durch die ein Stück der Wand respektive des Bodens sichtbar wird. Eine im Nachlass erhaltene, undatierte, wohl aber im Vorfeld der Luzerner Ausstellung entstandene Skizze zeigt, dass die Lücke am Boden zunächst in Querrichtung hätte verlaufen sollen. Ihre Wendung in die Vertikale hat zum einen ein kohärenteres Streifenbild zur Folge, zum andern verhalten sich die Werkhälften nun drehsymmetrisch zueinander. Der Bezug zur Wand-Boden-Kante, die das Werk nachformt, wird so zwar gemindert; dafür wird die Gleichwertigkeit von Wand und Boden unterstrichen, was den Raum, der sich rechtwinklig auftut, auf noch grundlegendere Art und Weise artikuliert.

Das Besondere des Werks liegt folglich im Paradoxon, zugleich Fläche und Raum zu bedeuten – ein Wechselspiel, das in den Leerstellen fortgeführt wird. Dass die Öffnungen blind sind, lässt sich genau wie die Streifen, die Frank Stella (*1936) als Mittel gegen den Tiefenraum einführt, als Absage an den Illusionswert des Bildes im Sinn von Alberti und an dessen Fenstermetapher sehen. Dennoch öffnet sich ein realer, wenn auch untiefer Rückraum, der das Primat der strukturierten Fläche gegenüber dem ungestalteten Untergrund aufhebt und die Ausschnitte – also Boden- und Wandstück – als ebenfalls bildhaft deklariert. Was Walker hier unternimmt, lässt sich somit in doppelter Abgrenzung von Stellas Verständnis des Streifenbildes als Ausdruck von „oneness“ und Burens Kritik an der künstler- wie institutionsseitigen Überhöhung aller „peinture“ als Reflexion über das Bild als objekthafte Erscheinung begreifen – als Denkbild im Verhältnis zum Raum.

Astrid Näff

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