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Max Matter, O du liebliche Abendsonne, 1967
Spray auf ungrundierter Leinwand, 201.5 x 162 cm, Gemälde
Aargauer Kunsthaus Aarau

Max Matter (*1941) zählt zu den wichtigen Aargauer Künstlern der Gegenwart und ist bereits mit einer umfangreichen Werkgruppe in der Aargauischen Kunstsammlung vertreten. Mit dem Ankauf des Gemäldes „Oh du liebliche Abendsonne“ kann die Sammlung um ein frühes Bild aus der für Matter bedeutenden Zeit der Pop Art ergänzt werden.

Nach einer Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Basel und malerischen Anfängen in einer expressiven Figuration findet Max Matter um 1967 zu einer Bildsprache, die sich an der internationalen Avantgarde der Zeit orientiert und Eindrücke vor allem der Signal-Kunst und der Pop Art rezipiert. Damit bereitet er in seinem Schaffen eine neue Entwicklung vor, die schon bald grosse Resonanz in der Schweizer Kunst findet. Matter gehört in dieser Zeit zusammen mit Heiner Kielholz (*1942), Markus Müller (*1943), Christian Rothacher (1944–2007) und Hugo Suter (1943–2013) zur „Ateliergemeinschaft Ziegelrain“ in Aarau, die nicht nur die zeitgenössische Kunst in die Kleinstadt bringen, sondern Aarau um 1970 zu einem der wichtigsten Brennpunkte der künstlerischen Auseinandersetzung in der Schweiz machen.

Die Künstler der „Ateliergemeinschaft Ziegelrain“ haben alle ein eigenes, individuelles Werk entwickelt. Dennoch sind an diesem Ort Ende der 1960er-Jahre im Wesentlichen zwei Bewegungen prägend: die sich vor allem in der Malerei manifestierende Pop Art und eine prozessorientierte, sich unterschiedlichster Materialien und Mittel bedienende Konzept-Kunst. Max Matter vertritt die erste Bewegung, und es ist ihm gelungen, der internationalen Pop Art eine ganz spezifische Prägung zu verleihen.

Das Bild „Oh du liebliche Abendsonne“ steht am Anfang dieser Beschäftigung. Auffallend sind die starke Signalwirkung des Bildes und die Leuchtkraft der Farben. Der Bruch zur tonigen Ölmalerei des Frühwerkes könnte nicht radikaler sein. Das grosse Format, die Betonung der Fläche bzw. das gezielte Wechselspiel von Fläche und Raum aber auch die Verwendung von Sprayfarbe als Malmittel sind dezidierte Entscheidungen gegen den konventionellen Kunstbegriff. Auch die Sprache einer geometrisch konstruktiven Kunst, die in den 1960er-Jahren in der Schweiz den Ton angibt, wird hier in ein neues Feld geführt, indem die Bildelemente zeichenhafte Bedeutung erlangen, mit Versatzstücken aus der Maschinenwelt kombiniert werden und schliesslich mit der Pathosformel des Sonnenuntergangs als Bild im Bild überhöht werden. Damit eröffnet sich Max Matter auch in seiner Auseinandersetzung mit der Pop Art neue Wege: Er orientiert sich nicht wie seine amerikanischen Kollegen an der Konsumgesellschaft, sondern thematisiert ein Bild der Schweiz im Widerspruch zwischen den Klischeevorstellungen einer Postkartenidylle und den Lebensformen der modernen Zivilisation.

Stephan Kunz

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