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Mai-Thu Perret, Untitled (after no. 067), 2020
Leuchtstoffröhren (Ø 15mm), 6 Transformatoren / Neon tubes (Ø 15mm), 6 transformers, 355 x 475 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung der Freunde der Aargauischen Kunstsammlung, Produktion unterstützt von Outset Germany_Switzerland
Copyright: Mai-Thu Perret, Genève
Fotocredit: Conradin Frei

Ausgewählte Neueingänge / Mai-Thu Perret Literatur, Kunst- und Kulturgeschichte, spirituelle Traditionen und feministische Theorie bilden den intellektuellen Fundus, aus dem die Genfer Künstlerin Mai-Thu Perret (*1976) schöpft. Immer wieder beschäftigt sie sich dabei mit den künstlerischen Avantgarden im beginnenden 20. Jahrhundert, insbesondere mit der Geschichte der Abstraktion. Sie hinterfragt die kapitalistischen und patriarchalen Konventionen der Kunst und entwirft Gegenerzählungen dazu. Eine beispielhafte Verkörperung hierfür fand sie in der Aargauer Forscherin, Heilerin und Künstlerin Emma Kunz (1892 – 1963). Kunz’ Arbeitsweise, mit ihren Zeichnungen auf Millimeterpapier Patienten zu behandeln, findet Widerhall in Perrets Interesse an der Frage, wie Repräsentation zu „reiner“ Wirkung transformiert werden kann, wie also die Darstellung einer Sache zur Sache selbst wird. Die Kunsttheoretikerin Elisabeth Lebovici spricht von einer Nähe von Perret zu Kunz’ Praxis des „bildnerischen Pflegens“.

Die Ausstellung „Kosmos Emma Kunz. Eine Visionärin im Dialog mit zeitgenössischer Kunst“ stellte für Perret die ideale Gelegenheit dar, ihrem langgehegten Interesse an Kunz Ausdruck zu verleihen und ihr eine Arbeit zu widmen, die nun als Schenkung der Freunde der Aargauischen Kunstsammlung dauerhaft im Kunsthaus verbleiben darf. Die Idee dazu, nämlich eine Neonarbeit nach einer Zeichnung von Emma Kunz zu schaffen, hatte Perret aber schon vor 15 Jahren.

Ausgangspunkt für „Untitled (after no. 067)“ (2020) wurde ein Blatt von Kunz, das sich ebenfalls in der Kunsthaussammlung befindet: das undatierte „Werk Nr. 067“. Perret leitete aus dem hochformatigen Motiv eine querformatige reduziertere Zeichnung ab. Von innen nach aussen abkühlende Weisswerte der Leuchtröhren bringen weitere Dynamik in die daraus konstruierte, wandfüllende Neoninstallation. Das Neonlicht, das wir in erster Linie von Leuchtreklamen kennen, setzt Perret kontraintuitiv ein. Anstatt in Form eines Schriftzugs eine klare Botschaft zu vermitteln, wird damit eine abstrakte Zeichnung kreiert. Zugleich habe die Idee, so Perret, „etwas ziemlich Tautologisches an sich, da die Zeichnungen ohnehin schon wie elektrische oder magnetische Kraftfelder wirken.“

Perret vollendet mit dieser Arbeit eine Trias, die aus der 2008 erworbenen Neonarbeit „Harmonium“ (2007) nach einem Gemälde der schwedischen Künstlerin und Anthroposophin Hilma af Klint (1862 – 1944) sowie dem Werk „Flow My Tears II“ (2011) besteht, bei dem die amerikanische Malerin Agnes Martin (1912 – 2004) Patin stand. Perrets intensive Beschäftigung mit Emma Kunz nahm 2005 in der Ausstellung dieser drei Pionierinnen der Abstraktion im Drawing Center in New York ihren Anfang.

Yasmin Afschar, 2022

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