
Acryl, Kunstharzspray und Flock auf Baumwolle, 97 x 130 cm
Samuel Buri (*1935) gilt zusammen mit Peter Stämpfli (*1937) schon Mitte der 1960er-Jahre – und bis heute – als Schweizer Pop-Art-Künstler schlechthin. Nach ersten figurativen Anfängen und dem Besuch der Basler Gewerbeschule von 1953 bis 1955 halten abstrakte Tendenzen Einzug in sein Schaffen. In der Kunstmetropole Paris, in die er 1959 zieht, wird seine ungegenständliche, gestische Malerei zunehmend flächiger und geometrischer. Er kommt dort mit der informellen Malerei der «Nouvelle Ecole de Paris» in Berührung und – folgenreich – mit der Pop Art.
Buri kehrt 1963 zur Gegenständlichkeit zurück. Zwei Jahre später beginnt er die Farben, meist Acryl, mittels Schablonen auf die Leinwand zu applizieren. Diese Technik und die so entstehenden Raster- und Punktstrukturen veranlassen die zeitgenössischen Kritiker dazu, Parallelen zu Roy Lichtenstein (1923–1997) zu ziehen. Wie der amerikanische Künstler entnimmt Buri seine Malvorlagen aus Zeitungen und Werbeprospekten und verwendet diese seriell in mehreren Gemälden, so auch das für ihn charakteristische Chalet. Die mehrschichtige Textur aus Acrylfarbe, Kunstharzspray, Glimmer und Floc (aufgesprayte Textilfaser) besticht durch ein intensives Kolorit.
Mit seinen im Pop-Art-Stil gemalten Werken wendet sich Buri in Paris ganz dem idyllisch-intakten (Werbe-)Bild der Schweiz zu. Die Alpenthematik bildet einen stilisierten Heimatmythos, den Buri mit einer sphärisch schillernden Gegenwart konfrontiert. Indem er dieses Ideal aufbricht, stellt er zwangsläufig auch das Schweizerische infrage. Vielleicht ist es gerade die Distanz zur Heimat – oder zur «Engnis der Enge», wie der Zeitgenosse und Kritiker Paul Nizon den nationalen Kulturbetrieb provokativ beschreibt –, die diese Werkserie möglich macht.
Beeinflusst durch die globalen gesellschaftspolitischen Umwälzungen, die in Frankreich mit den Unruhen im Mai 1968 ihren Höhepunkt erreichen, endet Buris Pop-Art-Phase abrupt. Er nimmt an Aktionen und Demonstrationen teil, wendet sich von der Pariser Kunstszene ab und zieht 1971 mit seiner Familie aufs Land, wo er sich nach eigenen Aussagen auf einen malerischen «Retrotrip» zurück zu Naturstudien begibt.
Katrin Weilenmann, 2017