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Giacomo Santiago Rogado, Kompass 2, 2008
Acryl, Öl auf Leinwand, 202.5 x 220 cm, Gemälde
Aargauer Kunsthaus Aarau / Depositum aus Schweizer Privatbesitz

Giacomo Santiago Rogado (*1979) fordert mit seinen grossformatigen Bildern das Medium der Malerei heraus, indem er die Wahrnehmung hinterfragt. Diese wird durch das Aufbrechen von Fläche und Materialität erzeugt. Er gehört zu der jungen Generation Schweizer Künstler, die sich national wie auch international einem Namen gemacht haben. Nach seinem Studium an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Luzern“ (2002-2005) fokussierte er auf grossflächige abstrakte Malerei mit Versatzstücken figürlicher Malerei. Bereits 2007 wurde er mit dem „Eidgenössischer Preis für Kunst / Swiss Art Award“ ausgezeichnet und 2013 erhielt er den Anerkennungspreis der Stadt Luzern. 2009 konnte er seine Bilder im Rahmen des „Manor Kunstpreis Zentralschweiz“ im Kunstmuseum Luzern in einer ersten musealen Ausstellung zeigen; es folgten Einzelausstellungen im Helmhaus Zürich (2014) und Kunstmuseum Solothurn (2019). Im Aargauer Kunsthaus wurden seine Werke in drei Sammlungspräsentationen (2007, 2014, 2016) ausgestellt.

Das Bild „Kompass 2“ (2008) zählt zu Giacomo Santiago Rogados (*1979) frühen Werken, die er in einem Serienformat angelegt hat, um abstrakt-geometrische Kompositionen und farbliche Variationen durchzuspielen. Die Zweierreihe „Kompass“ baut auf einer diagonal ausgerichteten Gitternetzstruktur auf, die sich durch farblich differenzierte Töne gestaltet. Dreiecke verlaufen sowohl von links als auch von rechts diagonal über das Bild. Die Bewegungsrichtung ist durch einen bestimmten Farbton definiert, der sich in seinem Verlauf von der unteren zur oberen Bildkante durch changierende Töne entwickelt. Diese grossflächig angelegte, geometrische Abstraktion scheint in einer Art meditativem Prozess entstanden zu sein. Der Künstler folgt der festgelegten Struktur eines Gitternetzes und malt die kleinteilig angelegten Flächen äusserst exakt, teilweise sogar mit Farbverlauf, aus. Jedes Element ordnet er einer bestimmten Farbe zu und erschafft im Zusammenspiel ein Ensemble aus Farbklängen. Dabei ist nicht das einzelne Element von Bedeutung, sondern vielmehr die Ganzheit und visuelle Einheit des Farbflächenspektrums.
Die vielschichtige Anordnung von miteinander verwobenen Farbflächen verdichtet sich zu einem komplexem Beziehungsgeflecht, das sich den Betrachtenden als ein kaleidoskopisches Wahrnehmungsspiel darbietet. Während uns der erste Eindruck eine Gesamtkomposition von rhythmischen Farbflächen vermittelt, entdecken wir beim genauen Hinsehen einen streng durchkomponierten, aus regelmässig aneinandergereihten Elementen bestehenden Bildaufbau. Bleibt unser Blick an einem dieser Elemente länger haften, spielen wir gedanklich bereits mit neuen Arrangements. Die Dreiecke lassen sich offenbar auch zu Rauten oder Rechtecken zusammensetzen. Während sich manche Farbtöne abstossen, harmonieren andere miteinander oder steigern sich gegenseitig in ihrer Intensität. Untrennbar miteinander verwoben, reihen sich die kräftig-knalligen Farben in stakkatoartigen Arrangements aneinander. Es entstehen flirrende Farbkontraste und räumliche Strukturen, die sich aus dem Rhythmus der Farben und Formen entwickeln. Beim visuellen Abtasten des Bildes scheint sich das Auge im oszillierenden Farbverlauf zu verirren, dann am Gitter des Raumgefüges festhalten zu wollen, um schliesslich wieder im Gewirr der Bewegung abzugleiten. Mit seinen geometrischen Bilderserien, wozu auch dieses Bild gehört, geht es Rogado um die Auseinandersetzung mit der menschlichen Wahrnehmung. Dabei lässt er die Betrachtenden aktiv am Bild partizipieren. Er fordert sie zum Sehen auf, wenn er festgeformte Muster entwirft, um den Betrachter dazu zu bringen, diese aufzubrechen, neu zu arrangieren oder gar zu verwerfen.

Katja Lenz-Zemp

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