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Heiny Widmer, Ohne Titel, ohne Jahr
Öl auf Leinwand Holzleistenrahmen, ungefasst, 124 x 100.1 cm
Aargauer Kunsthaus, Aarau / Schenkung aus dem Nachlass von Heiny Widmer
Copyright: Nachlass Heiny Widmer
Fotocredit: Brigitt Lattmann

Heiny Widmer (1927 – 1984) leitete das Aargauer Kunsthaus von 1970 bis zu seinem frühen Tod im Alter von 57 Jahren und prägte die Geschichte des Hauses wesentlich mit. Er baute die Sammlung von Schweizer Kunst konsequent aus, schloss manche Lücken und setzte mit einigen Positionen wie etwa der Art Brut neue Schwerpunkte. Zugleich stellte er ein Ausstellungsprogramm auf die Beine, das weit über die Landesgrenzen hinausging. Widmer hatte ursprünglich das Lehrerseminar absolviert, studierte später Kunstgeschichte in Zürich und besuchte danach die Kunstschule bei André Lhote in Paris. Vor seiner Tätigkeit als Konservator war er unter anderem am Gymnasium in Aarau Zeichenlehrer.

Eher weniger bekannt ist Widmers künstlerische Tätigkeit, die zwischen 1960 und 1970 besonders intensiv war, mit Antritt seines Amtes im Kunsthaus jedoch fast gänzlich zum Erliegen kam. Eine Werkentwicklung ist erkennbar; eine feste Chronologie festzulegen, ist allerdings schwierig, denn Widmer betitelte, datierte und signierte seine Werke kaum. Auch wurden seine Arbeiten selten gezeigt. Seine erste Einzelausstellung fand sogar erst posthum statt. Aus dem Nachlass des Künstlers ging 2018 eine grosszügige Schenkung von elf Werken aus den verschiedenen Schaffensphasen in die Sammlung des Aargauer Kunsthauses ein und macht den Museumsmann von einer überraschenden Seite erfahrbar.

Widmers künstlerisches Werk entstand im Geiste des Informel und weist eine gewisse Verwandtschaft mit Werken von Wilfrid Moser oder auch Pierre Soulages auf. Dennoch zeigt es eine ganz persönliche und eigenständige Bildsprache. Carl Hans Brunschwiler schrieb in seiner Laudatio zur Gedenkausstellung im Gluri Suter Huus in Wettingen treffend: „Es war ein eruptiver Malvorgang, seismographisches Festhalten des von ihm menschlich und künstlerisch in jenen sechziger Jahren Erlebten.“ Es sind dunkle, zurückhaltende Töne, oft in erdfarbenen Abstufungen, die in seinen Bildern vorherrschen. Die Malereien strahlen dadurch eine Ruhe aus und wirken beinahe meditativ. Der Pinselduktus scheint kontrolliert und der Farbauftrag erfolgte oft in vielen Schichtungen. Manchmal wurde noch Spachtelmasse oder Sand hinzugemischt, wiederholt findet sich auch Papier auf der Leinwand collagiert, hier und da wurde in die Farbschichten hineingeritzt. Dies führt zu einer Tiefenwirkung und je nach Lichteinfall sticht die eine oder andere Farbe aus den unteren Malschichten hervor und verändert die Leuchtkraft einer zuvor monoton schwarz oder blau anmutenden Fläche. Die Farbe wird Materie, wird Textur und es entstehen intensive Farbräume. Unterstützt wird diese Wirkung durch die teilweise geometrisierende Struktur der einzelnen Farbfelder, und den präzisen Einsatz des hellen Grundes, wie hier auf dem abgebildeten Werk.

Simona Ciuccio

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