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Jacques Laurent Agasse, Parklandschaft mit Pferden, 1806 - 1807
Oil on canvas, 50 x 75 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau

Der Genfer Künstler Jacques-Laurent Agasse (1767–1849) wird in erster Linie mit Darstellungen von Pferden und Hunden in Verbindung gebracht, malte aber auch Genreszenen und Porträts. Obwohl der Künstler in Genf und London durch sein ausgeprägtes Gespür für die Natur und für Tiere in der Gunst von Sammlern steht, findet er weder in der Schweizer noch in der englischen Kunstgeschichtsschreibung gebührende Anerkennung.

Agasse‘ Interesse am Zeichnen zeigt sich bereits früh: Die erste Zeichnung, „Le Poulain“, fertigt er als Zehnjähriger anhand direkter Tierbeobachtung. Seine Familie erkennt sein Talent und ermöglicht ihm den Unterricht an der Zeichenschule „Calabri“ bei Jacques Cassin (1739–1800) und Georges Vanière (1740–1834) in Genf. Agasse lernt Firmin Massot (1766–1849) und Wolfgang-Adam Töpffer (1766–1847) kennen, mit denen ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird. Die drei Künstler unternehmen Studienreisen in der Genfer Gegend und erschaffen sogar Werke in Zusammenarbeit. Ihr enger künstlerischer Austausch bildet die Basis für die Entstehung einer Genfer Schule und stärkt deren Einheit. 1786 übersiedelt Agasse nach Paris und perfektioniert dort als Schüler von Jacques-Louis David (1748–1825) das Naturstudium. Zusätzlich befasst er sich mit Zoologie, besucht Vorlesungen für Tierärzte und eignet sich bei Sektionen anatomisches Wissen an. Aufgrund der Französischen Revolution sieht sich Agasse zur Rückkehr in die Schweiz gezwungen. In Genf lernt er den vermögenden Engländer George Pitt (1751–1828), den späteren Baron Rivers, kennen und reist mit ihm 1790 zum ersten Mal nach Grossbritannien. Dank dessen finanzieller Unterstützung zieht der Künstler 1800 schliesslich nach London, wo er sich einen Ruf als bedeutender Maler von Pferden und Hunden erarbeitet und bis zu seinem Tod lebt. Er beteiligt sich am dortigen Ausstellungsgeschehen, u.a. an der Royal Academy, hält aber stets die Verbindung zu Genf, zu seiner Schwester, Massot und Töpffer aufrecht, die sich um den Verkauf seiner Bilder in der Schweiz kümmern.

Das vorliegende Sammlungswerk entsteht wohl während eines Aufenthalts bei seinem Mäzen Baron Rivers auf dessen Landsitz Stratfield Saye. Es zeigt ein seltenes Sujet im Schaffen Agasse‘, da die Baumstudie dominiert und so das Landschaftliche in den Fokus gerückt wird. Im Vordergrund haben sich im Schatten eines Baumes, dessen Krone die ganze Bildbreite einnimmt, schwarze, braune und weisse Pferde mit ihren Fohlen versammelt. Am rechten Bildrand ist eine mit Gewehr ausgestattete männliche Figur in Begleitung von zwei Hunden zu erkennen. Unzählige Schafe und einige Kühe verteilen sich auf der von Bäumen durchsetzten Wiese im Bildhintergrund. Darüber hinaus beweist das Gemälde die Fähigkeit von Agasse auf sensible Art und Weise das Licht eines sommerlichen Nachmittages einzufangen und eine Atmosphäre zu schaffen, wie es erst in der Landschaftsmalerei des späteren 19. Jahrhunderts üblich ist.

Die Übersiedelung nach Grossbritannien ist für Agasse‘ künstlerische Entwicklung äusserst wichtig. Durch den Kontakt mit der englischen Kunst eröffnet sich dem streng neoklassizistisch geschulten Agasse eine neue, unabhängige Bildwelt, die sich prägend auf seine Malweise und Farbpalette auswirkt und seine Sichtweise auf die Kunst tief greifend verändert. Stellvertretend für Agasse kommt sein Freund Töpffer zu Wort, 1816 schreibt dieser bei seiner Ankunft auf der Insel an seine Gattin: „A Paris, ils se copient tous, ici chaque peintre se permet d’être lui-même; il est aussi indépendant de son pinceau que ses compatriotes le sont pour l’opinion ou la pensée…“

Karoliina Elmer, vor 2018

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