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Daniela Keiser, Demets Augenblicke, 1999
2-Kanal-Videoinstallation, Farbe, ohne Ton,
Aargauer Kunsthaus Aarau / Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bundesamt für Kultur, Bern und dem Aargauer Kunsthaus Aarau. Alle Rechte vorbehalten.
Copyright: Daniela Keiser

Daniela Keiser wurde 1963 in Neuhausen am Rheinfall geboren. Sie studierte an der Schule für Gestaltung in Basel, heute lebt und arbeitet sie in Zürich. Vielfach wird betont, wie heterogen das Werk der Künstlerin ist, bisweilen gar disparat, zumal sie sich gleichzeitig in den Medien Installation, Objektkunst, Fotografie und Video bewegt und ihre Arbeiten dadurch kein eindeutiges und wiedererkennbares Erscheinungsbild kennzeichnet. Nichtsdestotrotz weisen die Werke eine starke innere Verbundenheit auf: Ihr gemeinsamer Nenner ist das subtile Spiel mit der Art und Weise, wie wir Wirklichkeit wahrnehmen. Bedeutung, wie sie Sprache und Bilder generieren, wird in Keisers Arbeiten gezielt gestört, sodass sich Wirklichkeit und Fiktion vermischen und Räume der Vorstellung physisch erfahrbar werden.

Ein charakteristisches Beispiel für Keisers Schaffen aus der ersten Dekade ihrer künstlerischen Arbeit ist die Videoinstallation „Demets Augenblicke“. 1999 entstanden und 2005 durch das Aargauer Kunsthaus zusammen mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bundesamt für Kultur, angekauft, bezeichnet die Kuratorin Theodora Vischer das Werk gar als „Metapher“ für Keisers Verfahren, Verschiebungen in der Wahrnehmung zu evozieren. Das Video zeigt ein Mädchen, das je eine Kirsche auf eine Weise vor seinen Augen hin und her pendeln lässt, dass die Früchte möglichst vor seinen Augen stillstehen. Dabei verändert sich sein Blickfeld ständig – mal sind die Pupillen durch die Früchte verdeckt, mal folgen sie den Kirschen in einem skurrilen Spiel von Sehen und Gesehenwerden. Die Aufnahmen für Demets Augenblicke entstehen auf einer Reise in der Türkei und das porträtierte Mädchen gibt der Arbeit den Titel. In der Türkei gelten „Augen wie Oliven“ als Vergleich für schöne Augen, heisst es im Katalog zur Manor-Kunstpreis-Ausstellung im Museum für Gegenwartskunst in Basel, wo die Arbeit 1999 erstmals gezeigt wird. Im Romanischen hingegen, so weiter im Begleittext, verwendet man dafür aber das Bild, das Keiser hier wählt: „Augen wie Kirschen“. Mit diesem beiläufigen Hinweis im Katalogtext macht Keiser auf einen kulturellen Unterschied und damit auf eine weitere Ebene der Wahrnehmungsverschiebung aufmerksam. Gleichzeitig offenbart sie ihr Faible für die rätselhafte Vielfalt der Welt und der Sprache. Ein anderer Aspekt der Betrachtung betrifft die räumliche Disposition. Keiser projiziert das Video nicht klassisch in einer Blackbox, sondern fügt es, wie es charakteristisch ist für das Videoschaffen der 1990er-Jahre, in einen installativen Kontext ein. Das Video wird von zwei Projektoren jeweils auf die Unter- und Oberseite der Platte eines auf die Seite gekippten Tisches projiziert. Die Tischplatte selbst verschwindet gleichsam in der bodennahen Projektion. Was bleibt, ist die Andeutung eines Tisches, der nicht nur die Position der Betrachtenden und die räumliche Struktur regelt, sondern darüber hinaus auch als Symbol für die familiären Arbeitspflichten verstanden werden könnte, von denen Demet im kindlichen Spiel mit den Kirschen zwischenzeitlich befreit ist.

Yasmin Afschar

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