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Ferdinand Hodler, Der Mäher, um 1912 Um 1912 (später überarb.)
Öl auf Leinwand, 190 x 201 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau
Copyright: gemeinfrei
Fotocredit: SIK-ISEA Zürich (Philipp Hitz)

„Der Mäher“ gehört zusammen mit dem „Holzfäller“ zu den bekanntesten Darstellungen Ferdinand Hodlers (1853–1918) – dies sowohl aufgrund des ikonischen Charakters der Sujets als auch infolge der weiten Verbreitung der Motive durch die Schweizer Banknoten. Hodler erhielt 1908 von der Nationalbank den Auftrag, Entwürfe für die neuen Noten zum Thema „Arbeit in der Schweiz“ zu schaffen. „Der Mäher“ zierte die 1911 in Umlauf gebrachte Hunderternote, „Der Holzfäller“ den im gleichen Jahr erschienenen Fünfzigfrankenschein. Die Anregung, die beiden Sujets auch in Öl auszuführen, ging zurück auf Theodor Reinhart (1849–1919), Winterthurer Unternehmer, Sammler und Mitglied des Bankrates der Nationalbank. Ab 1909 entstanden verschiedene Fassungen und Varianten des „Mähers“ und des „Holzfällers“. Von Ersterem sind bislang elf Darstellungen in Öl bekannt. Acht Fassungen datieren von 1909/10. Das Bild aus der Sammlung des Aargauer Kunsthauses gehört zu drei um 1912 gemalten Varianten nach einem anderen Modell, wobei es mit Abstand das grösste Format der Reihe aufweist.

In einer strengen, von Figur und Sense gebildeten Dreieckskomposition erscheint der Mäher vor einem neutralen Hintergrund. Einzig ein kahles Bäumchen bildet ein Gegengewicht zu der Figur, die das Bildgefüge bestimmt. Die Haltung des Arbeiters ist aufrechter als auf den Banknoten und in den 1909/10 entstandenen Gemälden, das Sensenblatt nur wenig über dem Boden zum Schnitt angesetzt. Die Darstellung wirkt dadurch statischer als in den früheren Bildern, gleichzeitig ist aufgrund der erhöhten Körperspannung und des ausgeprägteren Schrittmotivs der Figur der kurze Moment des Verharrens zwischen Schwung und Gegenschwung präziser gefasst. Hodler war fasziniert von der sich gleichmässig wiederholenden Bewegung des Mähens und sah in der Darstellung – wie er gegenüber seinem Biografen Carl Albert Loosli (1877–1959) formulierte – ein Sinnbild für „Rhythmus“, wogegen er das Bild des Holzfällers, der zum Schlag ausholt, gerne „Die Kraft“ genannt hätte.

Eine Abbildung im Katalog der XI. Internationalen Kunstausstellung in München, wo das vorliegende Gemälde im Herbst 1913 präsentiert wurde, zeigt das Werk in einem Vorzustand. Die Wiese reichte ursprünglich beinahe bis an den oberen Bildrand, wobei die Horizontlinie den Oberkörper des Arbeiters bogenförmig umfasste. Hodler überarbeitete in der Folge den Hintergrund und fügte das Bäumchen in die Komposition ein. Der tiefer angesetzte Horizont verleiht dem Mäher Monumentalität, die in der Grösse des Formats ihre Entsprechung findet. Virtuos erscheint die Gestaltung der Kleidung mit Blau- und Grautönen sowie durch kraftvoll gesetzte Binnenzeichnung und markante Konturierung. Im unteren Bereich zeigt das Gemälde noch die Hilfslinien, die zum Vergrössern des Sujets gedient haben.

Trotz Kritik an den zahlreichen, auch mittels Pausverfahren hergestellten Wiederholungen erfreuten sich „Der Mäher“ und „Der Holzfäller“ zu Beginn der 1910er-Jahre grosser Beliebtheit bei Schweizer und deutschen Sammlern. Das hier vorgestellte Gemälde überliess Hodler dem Aargauischen Staat 1915 im Tausch gegen sein Bild „Urkraft“ (auch „Blick in fernes Land“ genannt, heute in Privatbesitz). Letzteres gehörte seit 1909 zur kantonalen Sammlung, befriedigte den Künstler aber auch nach mehrmaligem Überarbeiten nicht. Den „Mäher“ hielt er für die wesentlich qualitätsvollere Arbeit, und wie den Akten des Kunstvereins zu entnehmen ist, war es Hodler ein Anliegen, „noch besser“ in der Aargauer Kunstsammlung vertreten zu sein.

Regula Bolleter

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