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Franz Theodor Aerni, Festa dei Moccoletti (San Carlo am Corso Rom), 1853 - 1918
Öl auf Leinwand, 140 x 90 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau
Fotocredit: Brigitt Lattmann

Die Szenerie in „Festa di Moccoletti (San Carlo am Corso Rom)“ spielt sich zu nächtlicher Stunde auf einer Strasse zwischen Häuserfassaden ab. Zahlreiche Menschen haben sich, ausgestattet mit Kerzen, nach draussen begeben. Fenster und Balkone sind ebenfalls mit Laternen und Lichtern geschmückt. Der Blick der Betrachtenden wird von einer hell erleuchteten Stelle – einem Feuerwerk? – im Bildmittelgrund angezogen, wo sich ein Festumzug mit Wagen den Weg durch die Masse zu suchen scheint. Dahinter erhebt sich die vom Lichtspektakel beschienene Front eines klassizistischen Gebäudes mit Dreiecksgiebel.

Am letzten Tag des Karnevals, am Fasnachtsdienstag, wird in Rom „Festa di Moccoletti“ gefeiert: Wenn es abends dunkel wird, verlassen die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt verkleidet ihre Häuser und ziehen mit „moccoletto“, also mit einer Kerze, es kann aber auch eine Fackel oder Laterne sein, gleich einem Lichterfluss durch die Strassen. Während des Umzugs geht es darum, die eigene Beleuchtung so lange als möglich am Brennen zu halten und im Gegenzug zu versuchen, die Lampen anderer zu löschen, die sich sodann demaskieren müssen. Bei den kollektiven Feiern, die sich auf die Hauptplätze Piazza Navona und Piazza del Popolo mit dem Corso konzentrieren, verschwinden für einen Tag Klassenzugehörigkeit und soziale Unterschiede.

Der in Aarburg geborene Franz Theodor Aerni (1853–1918) setzt nach erstem Unterricht beim Landschaftsmaler Johann Joseph Geisser (1824–1894) seine Studien fort an der Akademie in Modena bei Narciso Malatesta (1835–1896). 1874 reist der Künstler zum ersten Mal nach Rom, das bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs zu seiner zweiten Heimat wird. Aernis Darstellungen beziehen sich meist auf Landschaften aus der Umgebung von Rom und Neapel. Charakteristisch für Aernis Schaffen sind Schilderungen lebendigen Treibens mit reicher Staffage, die in der traditionellen Genremalerei Italiens, der „scuola dei bamboccianti“, verhaftet sind. Diese künstlerische Richtung wird mehrheitlich von in Rom tätigen Künstlern aus den Niederlanden und aus Flandern getragen, die sich im 17. Jahrhundert der Schilderung des Lebens von niederen Klassen in der italienischen Hauptstadt widmen. Die malerische Lichtbehandlung verweist auf Aernis Auseinandersetzung mit den Impressionisten, denen er sich nach 1914 noch stärker zuwenden wird. Die eingehende Behandlung von zeichnerischen Details hingegen steht im Zusammenhang mit dem Verismus – ursprünglich eine Strömung der Literatur Italiens im 19. Jahrhundert, die sich durch eine Hinwendung zur Wirklichkeit der Gegenwart und des Alltags sozialer Unterschichten auszeichnet.

Karoliina Elmer, vor 2018

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