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Camille Corot, Italienische Landschaft, um 1826 - 1827
Öl auf Papier auf Holz, 14.4 x 29.1 x 0.4 cm, Gemälde
Aargauer Kunsthaus Aarau / Legat Dr. Othmar u. Valerie Häuptli

Camille Corot wurde am 16. Juli 1796 in Paris als Sohn eines gutsituierten Ehepaares geboren, das ein florierendes Modehaus betrieb. Seine Mutter, eine geborene Oberson, stammte aus der Schweiz, sein Vater aus dem Burgund. Camille absolvierte eine Ausbildung zum Tuchhändler, gab diesen Beruf jedoch mit 26 Jahren auf, um sich ganz der Malerei zu widmen, die er bisher als Amateur betrieben hatte. Seine Eltern unterstützten diesen Schritt, indem sie ihm eine Rente ausrichteten. Bereits zuvor hatte Corot an der 1815 gegründeten Zeichenschule von Charles Suisse Kurse besucht, nun nahm er Unterricht bei Achille Etna Michallon (1796–1822) und nach dessen Tod bei Jean-Victor Bertin (1767–1842), zwei dem Klassizismus zuzurechnende Landschaftsmaler, die das Arbeiten im Freien, „en pleine air“, propagierten. Durch sie erhielt Corot auch Kontakt zum Kreis der Maler von Barbizon, und der junge Künstler war einer der ersten, die in diesem bei Fontainebleau gelegenen Dorf im Süden von Paris malten. Von 1825 bis 1828 hielt er sich in Italien auf, vor allem in Rom, Neapel und Venedig, und malte auch in der Umgebung dieser Städte. Zwei weitere Italienreisen folgten 1834 und 1843. Nach seiner Rückkehr von der ersten Italienreise stellte sich rasch der Erfolg ein. Er verdiente mit dem Verkauf seiner Landschaften und Genrebilder rasch ein Vermögen, das er grosszügig mit weniger erfolgreichen Künstlerkollegen teilte. Er unterstützte insbesondere den im Alter erblindeten Honoré Daumier (1808–1879) und die Witwe von Jean-François Millet (1814–1875).

Camille Corot malte fast nur Landschaften und Genre-Bildnisse. Seine Figurenbilder bewegen sich zwischen den idealisierenden Darstellungen junger Südländerinnen seines Zeitgenossen Leopold Robert (1794–1835) und der Schilderung der einfachen Landbevölkerung durch seinen Malerkollegen Jean-François Millet. Mehr Eigenständigkeit zeigte Corot in seiner Landschaftsmalerei. Bereits seine frühen, in Italien entstandenen Landschaften sind an ihrem klaren Aufbau und an einem Kolorit, in dem Erdtöne überwiegen, leicht zu erkennen. Im Vergleich zur unmittelbar vorausgehenden romantischen Malerei verzichtete Corot insbesondere auf den (verklärenden) Dunst, der die Tiefenwirkung verstärken und Atmosphäre erzeugen sollte. Seinen Ruhm verdankte er jedoch den späteren, eher dunkeltonigen Landschaften, mit den in Szene gesetzten Baugruppen, die sich effektvoll als Silhouetten vor einem klaren Himmel abheben, und die den Eindruck erwecken, als seien sie in der Dämmerung entstanden. Mit diesen Landschaften aus der Zeit seiner künstlerischen Reife vollzog er den Schritt von einer zeichnerisch-exakten zu einer malerischen und freieren Auffassung des Gegenstands. Im Vordergrund stand nun nicht mehr die Wiedererkennbarkeit der Landschaft, sondern eine Stimmung, die der Künstler an ihr beobachtet hatte.

Die kleine italienische Landschaft entstand, wie der Vergleich mit einer Zeichnung nahelegt, die sich ebenfalls im Aargauer Kunsthaus Aarau befindet (Inv.-Nr. 1095), bei Albano in der Nähe von Rom. Die fast nüchtern zu nennende Darstellung zeigt die charakteristischen Merkmale von Corots frühen Arbeiten. Die Landschaft wurde von einem erhöhten Standpunkt aus aufgenommen, so dass sich ihre Topographie leicht überblicken lässt, während die vom Dreiklang Beige, Grün und Himmelblau dominierten Farben in Umrisslinien eingesetzt wurden, die bei den Gebäuden besonders deutlich zutage treten. Die Umgebung Roms mit ihren zahlreichen historischen Bauwerken erfreute sich bei der damaligen Käuferschaft grosser Beliebtheit. In der Gegend befanden sich seit antiker Zeit die Landsitze der römischen Oberschicht. Hier entstanden auch die ersten Hotels für die immer zahlreicher nach Italien strömenden Touristen. An den bevorzugten Aufenthaltsorten der Sommerfrischler entstanden auch ganze Kolonien von Künstlern, die hofften, ihre Erzeugnisse gleich vor Ort verkaufen zu können. Nicht allen von ihnen gelang es wie Corot, eine unverkennbare Bildsprache zu entwickeln und mit im Grunde genommen anspruchslosen Bildern das Fundament zu einer erfolgreichen Karriere zu legen.

Hans-Peter Wittwer

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