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Ben Vautier, Le Musée de Ben, 1972
diverse Materialien und Gegenstände, Glühbirne, 55 x 80.5 x 32.5 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau
Copyright: ProLitteris, Zürich
Fotocredit: ullmann.photography

Das Aargauer Kunsthaus erwirbt 2004 ein umfangreiches Konvolut an Dokumenten und ausgewählten Objekten des französisch-schweizerischen Künstlers Ben Vautier (*1935). „Le musée de Ben“ (1972) bildet hierbei ein Schlüsselwerk. Als „Museum“ fungiert ein schwarz gestrichener Holzkasten von 80.5 x 32.5 x 55 cm. Seine Bestückung erinnert an das surreale Sammelsurium einer kleinen Wunderkammer, wie sie in der Spätrenaissance aus Raritäten und Skurrilitäten angelegt wurden. An Haken und in Regalfächern finden sich Objekte, die der Künstler als Miniatur-Repliken seiner bereits bestehenden Kunstwerke angefertigt hat. In der für ihn bezeichnenden Schreibschrift versieht Ben die Dinge mit Titeln, Jahreszahlen und kleinen Texten. In der Auslage befindet sich u.a. die Miniaturkopie des Sammlungswerks „trou portatif“ (zu Deutsch: „tragbares Loch“) von 1965: der mit einem runden Durchblick versehene Metallkoffer zeigt in Verbindung mit dem Titel das spielerische, zuweilen ironische Vorgehen des Künstlers, Sprach- und Dingwelt aufeinander zu beziehen. Das Miniaturmuseum ist eine Referenz an das tragbare Koffermuseum „Boîte en valise“ von Marcel Duchamp (1887 – 1968), welches in verschiedenen Auflagen Arbeiten des Künstlers verkleinert wiedergibt. Duchamp gilt als Pionier des sogenannten „Readymades“: Dieses benennt ein Alltagsobjekt, welches aufgesockelt, mit Signatur und Titel versehen, zum Kunstwerk erhoben wird. Duchamp radikalisiert und erweitert damit in den 1910er-Jahren den vorherrschenden, klassischen Kunstbegriff.

Die Kunstauffassung Duchamps teilend, tritt auch Ben Vautier in den 1960er-Jahren für die Aufhebung der Grenzen zwischen Kunst und Leben ein. Als wichtiger Vertreter der Fluxus-Bewegung bringt er als einer der ersten in Europa Kunst in Form von Performances, oder wie er sie nennt – „Gesten“ – auf die Strasse. Originellster Austragungsort seiner Aktionen ist sein in Nizza eröffneter Schallplattenladen „Magasin“, dessen Fassade er mit Schriftbildern und Objekten dicht behängt. Innen wie aussen ist das Gebäude eine wachsende Installation, welche als verrücktes Gesamtkunstwerk die zentralen Themen- und Motivkomplexe des Künstlers zusammenführt. Die Schriftbilder werden zu seinem Markenzeichen. Mit prägnanten Sätzen wie „Je signe tout“, „L’art est inutile“ oder wie auf der Innentür des Koffermuseums notiert – „mourir est art aussi“ – befragt Ben die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft, seine Grenzen sowie die Gesetze des Kunstbetriebs. Mit Le musée de Ben übernimmt der Künstler selbst Regie; entscheidet, was in seinem Museum gezeigt werden soll und blickt mit seiner mobilen, musealen ‚Ladenauslage‘ augenzwinkernd auf die (Re-)Produktion und Vermarktung von Kunst.

Julia Schallberger

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