Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.
X
Otto Meyer-Amden, Knabe mit Hund, um 1927
Bleistift und Buntstift auf Papier, 22 x 12 cm Ausschnitt Passepartout, Arbeit auf Papier
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung Anna Barbara Züst

Der in Bern geborene und aufgewachsene Otto Meyer-Amden (1885 – 1933) ist einem breiteren Publikum vor allem dank seines Internatszyklus bekannt. In dieser autobiografisch geprägten Kerngruppe – Meyer-Amden verbringt die Jahre von 1893 bis 1900 als Halbwaise im Waisenhaus der Burgergemeinde Bern – greift der Künstler alltägliche Szenen des Internatslebens auf. Während diese Bilder erst ab 1917/18 entstehen, beschäftigt den Künstler die Darstellung des Knabenakts nahezu ohne Unterbruch über seine gesamte Schaffenszeit hinweg. Mit rund 200 Arbeiten, mehrheitlich im Kleinformat und auf Papier, bilden sie die zweitgrösste Werkgruppe Meyer-Amdens. Ihnen wurde jedoch, ausser in einer Ausstellung in der Kunsthalle Basel 1979, im Vergleich zu den Internatsbildern deutlich weniger Aufmerksamkeit zuteil, vermutlich nicht zuletzt aufgrund ihrer Sujets, die durchaus kontrovers diskutiert werden können.

Das kaum einem DIN A5-Format entsprechende Blatt Knabe mit Hund (um 1927) schuf Meyer-Amden in seinem vorletzten Jahr im St. Gallischen Amden, wo er seit 1913 ein einfaches und teilweise zurückgezogenes Leben führte. Die Arbeit zeigt einen nackten, schlanken Jungen, der von einem Hund freudig angesprungen wird. Die Umgebung ist nur ansatzweise zu erkennen, am rechten Bildrand zeichnet sich ein Gebäude, rechts unten ein Bündel Holz ab. Der Hund ist in Andeutung einer Wiese von einer grünen Farbwolke umgeben; im Hintergrund ist links ein kahler Baum skizziert. Der Himmel ist blaugrau und mit weissen Wolken besetzt, die auch als Vögel oder als schneebedeckte Bergspitzen gelesen werden könnten. Die mit Bleistift und Buntstift zart, manchmal schraffiert aufgetragenen Farben schaffen einen Effekt von Transparenz und verleihen den ansonsten realistisch gehaltenen Figuren eine ätherische Erscheinung.

In der Begleitpublikation zur Basler Ausstellung 1979 nimmt sich der Kunsthistoriker Reinhold Hohl dem Thema der Knabenbilder im Werk Meyer-Amdens ausführlich an und zeigt auf, wie sehr diese von Literatur, Religion und Vorbildern in der Kunstgeschichte beeinflusst sind. Insbesondere die griechische Antike sei ein wichtiger Impulsgeber gewesen, wie Meyer-Amden selbst bestätigt haben soll. Als Antwort auf die Frage, was er mit diesen Darstellungen bezwecke, habe er stets den 1909 erschienen Band“ Les Apollons archaïques“ von Waldemar Deonna – eine Studie über den männlichen Typus in der griechischen Bildhauerei im 6. Jahrhundert v. Chr. – hervorgeholt und wortlos die Abbildungen durchgeblättert. Schlussendlich bleibt es jedoch im Unklaren, ob „Knabe mit Hund“ tatsächlich eine religiöse Komponente beinhaltet oder ob es sich um eine idyllische, naturverbundene Szene handelt.

Bettina Mühlebach, 2022

X