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Adolf Stäbli, Baum im Sturm, Um 1900
Oil on canvas, 136 x 119 cm, Gemälde
Aargauer Kunsthaus Aarau / Depositum der Gottfried Keller-Stiftung, Bundesamt für Kultur, Bern

Die Sammlung des Aargauer Kunsthauses beherbergt über dreissig Zeichnungen und Gemälde des in Winterthur geborenen Adolf Stäbli (1842-1901). Das vorliegende Werk „Baum im Sturm“ entstand um 1900 und zählt mit „Kloster Fahr bei Zürich an der Limmat“ (1876) und „Abziehendes Gewitter“ (1879) zu den populärsten Werken Stäblis. Das Ölgemälde wird von einem mächtigen, vom Sturm gepeitschten Baum unter einem teilweise aufgerissenen Gewitterhimmel dominiert. Im Hintergrund eröffnet sich den Betrachtenden eine Seenlandschaft mit tief liegendem Horizont, die auf der rechten Bildseite von einem Wäldchen verdeckt wird.

Der aufgewühlten Wetterstimmung entspricht die leidenschaftlich bewegte, malerisch-expressive Pinselführung, die den Künstler als Vorläufer des deutschen Expressionismus auszeichnet. Wesentlich für sein Spätwerk sind die düster-dramatische Stimmung und der Verzicht auf jedwede Staffage. Bäume und Wolken, Wald und Wasser werden zusammen mit dem entfesselten Kampf der Naturgewalten zu den alleinigen Stimmungsträgern im Bild.

Zeitlebens fertigt Stäbli Studien in seinem Heimatkanton Aargau, im Tessin und später in Deutschland, bevorzugt im Harzgebirge und in Oberbayern. Stäbli ist ein Ateliermaler: In der freien Natur hält er Eindrücke in lockeren Skizzen fest, die er im Atelier zu Landschaften verdichtet. Ende des 19. Jahrhunderts befindet sich Stäbli nach einer Chloroformvergiftung in schlechter gesundheitlicher Verfassung. Er ist nicht mehr in der Lage, vor der Natur zu skizzieren, sondern ruft mithilfe von altem Studienmaterial Erinnerungen wach und wagt sich an Formate, die er wohl in bester gesundheitlicher Verfassung nie zustande gebracht hätte. „Baum im Sturm“ wird wie „Birkenlandschaft“ (Inv.-Nr. D1201) und „Sturm“ (Inv.-Nr. 453) als unvollendetes Bild bezeichnet, da der Eindruck einer Naturstudie, ausgehend von einem einzelnen Sujet auf ein grossformatiges Ateliergemälde trifft. Die bizarren Landschaften aus Stäblis letzter Lebensphase verfügen zudem über eine besondere Wirkung: Dem Baum im Sturm wird die symbolische Bedeutung einer „Seelenlandschaft“ zugeschrieben – einer Übersetzung der durch Vereinsamung und Lebenskampf gezeichneten Situation des Künstlers in das Bild.

Karoliina Elmer

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