
Öl auf Holz, 110 x 170 x 6 cm
Pia Fries (*1955) studiert zunächst Bildhauerei an der Schule für Gestaltung in Luzern. Danach widmet sie sich der Malerei, wobei sie an der Staatlichen Kunstakademie Meisterschülerin von Gerhard Richter (*1932) wird.
In den 1980er-Jahren führt sie ihr plastisches und malerisches Denken in grell leuchtenden, materialstarken Bildern synergetisch zusammen. Der Farbauftrag ist zuweilen betont pastos; andernorts zeigt sich die Farbe flüssig und folglich flacher. Aufgetragen werden die mageren und fetten Ölfarben mittels Pinsel, Roller, Spachtel, Messer, Rechen, Maserierplatte und Model. Ungemischt, zuweilen direkt aus der Tube setzt die Künstlerin die Farben auf den Bildträger, verreibt und verwischt sie, verquirlt, glättet, schichtet und strukturiert sie; kratzt sie ab, appliziert sie anderswo oder lässt ihnen nach dem Prinzip des gesteuerten Zufalls ihren eigenen Willen. Befreit vom Streben nach Gegenständlichkeit macht Fries die Malerei selbst zum Bildinhalt.
Das Werk „lumnes“ (1995/1996) feiert die Farbe und Materialität in all ihrer Sinnlichkeit. Der Blick bleibt nicht an einem Motiv hängen, er springt vielmehr von einem Punkt zum Nächsten, ergründet Details und lässt über den Arbeitsprozess nachdenken. Je länger wir uns mit dem Werk beschäftigen, umso mehr scheinen wir den Malprozess nicht nur sehen, sondern auch riechen, spüren, gar hören zu können. Der Tradition dieser Werkgruppe gemäss orientiert sich der Titel „lumnes“ an einem Bündner Ortsnamen. Wenngleich die Deutung des Werks spekulativ bleibt, so regt der Titel zum landschaftlichen Strukturvergleich an.
Julia Schallberger, 2022