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Patrick Rohner, Nr. 211, 2001 -2003
Öl auf Holzfaserhartplatte, 205 x 262 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Depositum aus Privatbesitz
Copyright: Patrick Rohner
Fotocredit: Heinrich Helfenstein

Seit vielen Jahren lebt und arbeitet Patrick Rohner (*1959) in Rüti, einem kleinen Dorf im Glarner Hinterland. Die Bergwelt, die ihn hier umgibt, ist ein wichtiger Impulsgeber für sein künstlerisches Schaffen. Die Berge, ihre Abhänge, Felswände, Gletscherfelder, Karstlandschaften, Gesteinsbrocken, Geröllhalden und Flussläufe sucht Rohner in sogenannten „Begehungen“ regelmässig auf, studiert sie und macht Aufzeichnungen in Form von Fotografien und Filmen. Die so dokumentierten Details und Strukturen verwertet er in seiner Malerei, die sich jedoch nicht auf die Darstellung von Natur beschränkt, sondern den Naturphänomenen eine adäquate malerische Sprache entgegensetzen will.

In der Sammlung des Aargauer Kunsthauses befinden sich neben zwei grossformatigen Ölgemälden („Nr. 211“, 2001–2003 und „Ohne Titel“, 1999) auch eine Reihe von Zeichnungen und Filmen sowie eine Fotoserie. Obschon die reliefartigen Malereien zu seinem Markenzeichen wurden, sind seine dokumentarischen Aufzeichnungen insofern besonders interessant, als dass sie wertvolle Rückschlüsse auf Rohners Arbeitsprozess erlauben. Die Fotografien und Filme, die auf den Begehungen entstehen, ermöglichen Einblicke in das Natursehen des Künstlers und geben Hinweise, wie die furchigen Oberflächenstrukturen der Bilder zu lesen sein könnten. Die Tuschzeichnungen dagegen begleiten die Entstehung konkreter Arbeiten und stellen als „Abzeichnungen“ den Versuch einer analytischen Annäherung an das eigene künstlerische Vorgehen dar.

Betrachten wir das Gemälde „Nr. 211“ (1994 führte Rohner anstelle von Titeln die chronologisch fortlaufende Nummerierung seiner Gemälde ein), so fällt es als besonders farbintensives Beispiel in Rohners Malerei auf. Die frühen Werke zeichnen sich durch zahllose erdig-dunkle Farbschichten aus, während die späteren einen wachsenden Illusionsgehalt aufweisen – beispielsweise indem Farbtöne aus der Natur eins zu eins von Steinen, Flechten oder Fels- und Bodenstrukturen übertragen werden. In wenigen Arbeiten kommen jedoch so intensiv kontrastierende Farbwerte zur Anwendung wie im vorliegenden Werk, das sich seit 2007 als Dauerleihgabe in der Sammlung befindet. Insbesondere die blutroten Partien fallen auf, die sich als oberste Farbschicht räumlich vom blau, grau und weiss gehaltenen Untergrund absetzen und in ihrer Farbtemperatur von den unteren Lagen unterscheiden. Die rote Farbe entstammt denn auch einer anderen Bildtafel, die sich zeitgleich in Entstehung befunden hat und die an unser Werk gepresst wurde, wodurch sich das Rot der obersten, noch feuchten Farbschicht als Abklatsch übertragen hat. Karteikarten, auf welchen der Künstler die einzelnen Arbeitsschritte vermerkt, bezeugen diesen Vorgang. Dabei ist das Aneinanderpressen und -reiben von verschiedenen Bildträgern nur eines der mechanischen Verfahren, die Rohner einsetzt. Die Farbe wird in grossen Mengen mit einem breiten Spachtel auf den Holzgrund angebracht, leicht angetrocknet wieder entfernt oder mit der nächsten Farbschicht vermischt; dünnflüssige Farbe erzeugt Fliessbewegungen, Farbblasen werden aufgeschlitzt. Gemeinsam ist diesen Massnahmen, dass sie auf der Bildtafel selbstständige Prozesse auslösen. „Das Bild organisiert sich selbst“, sagt der Künstler und entsprechend lange kann die Arbeit an einem Gemälde dauern – oft zieht sie sich über Jahre. Zentral ist dabei das an Spannung zulegende Wechselspiel zwischen den Eingriffen seitens des Künstlers und der Selbstentfaltung des Farbmaterials.

Yasmin Afschar

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