Öl auf Leinwand, 66 x 50.8 cm
Die Gemälde des Schweizer Künstlers Johann Heinrich Füssli (1741–1825) gehören zu den ältesten in der Sammlung des Aargauer Kunsthauses. Sie bieten einen Überblick über Füsslis gesamtes Schaffen, greifen sie doch seine drei zentralen literarischen Quellen auf: Dante Alighieri (1265–1321), William Shakespeare (1564–1616) und John Milton (1608–1674).
Ab 1779 widmet sich Füssli vornehmlich literarischen Vorlagen Shakespeares. Dank seines Professors Johann Jakob Bodmer (1698–1783) lernt Füssli bereits während seines Theologiestudiums die Werke von Milton, Dante, Homer und eben Shakespeare kennen. Zusätzlich eröffnen ihm sowohl Bodmer als auch der Philologe Johann Jakob Breitinger (1701–1776) durch ihre ästhetische Theorien eine neue gedankliche Basis: Die beiden Gelehrten sprechen der Fantasie den gleichen Wert zu wie der Naturnachahmung und erklären die Einbildungskraft somit zu einem wesentlichen Aspekt in der Kunst. Füssli sieht sich bestätigt, ikonografische Traditionen zugunsten eines freieren Umgangs mit überlieferten Formeln zu missachten.
Zwischen 1780 und 1790 werden die Dramen Shakespeares zu seiner wichtigsten Inspirationsquelle und Füssli folgt der Aufforderung John Boydells (1719–1804), in dessen Projekt einer „Shakespeare Gallery“ mitzuwirken: Die besten englischen Maler beteiligen sich mit künstlerischen Umsetzungen von Shakespeares Motivwelt. Füssli findet immer wieder neue Szenen für seine Malerei. Bei der Benennung seiner Werke lässt er sich vom literarischen Stoff leiten, wie der beschreibende Titel der vorliegenden Arbeit aufzeigt: „Perdita umgeben von drei Fairies, im Hintergrund Ariel“. Als Vorlage dient Füssli Shakespeares „Wintermärchen“ (1623), in dem Perdita, ausgesetzte Königstochter, von einem Schäfer gefunden und aufgezogen wird. Nachdem sich die vermeintliche Schäferstochter in einen Königssohn verliebt, wird ihre wahre Abstammung erkannt. Füssli wählt für seine Darstellung eine ländliche Umgebung, verweist aber mit Perditas koketter Haltung, dem Gold in ihrem Schoss und den Feen auf ihre wahre Herkunft. Die Fabelwesen sind zwar übernatürlicher Herkunft, tragen aber modische Gewänder und der damaligen Zeit entsprechend getürmte, mit Federn sowie Bändern geschmückte Frisuren. Den Luftgeist Ariel – rechts im Bild auf einer Fledermaus fliegend – entlehnt Füssli wohl dem „Sommernachtstraum“ (1595/96), was seine freie Verarbeitung von literarischen Quellen zeigt.
Karoliina Elmer