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Sophie Taeuber-Arp, Perlenbeutel / Beaded bag,
Perlenstickerei / Beadwork, Länge x Umfang 14.5 x 25 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Depositum aus Privatbesitz, Nachlass Elsa Frey-Rutishauser
Copyright: gemeinfrei
Fotocredit: SIK-ISEA, Zurich (Philipp Hitz)

In der weit vernetzten Avantgarde des 20. Jahrhunderts nimmt Sophie Taeuber-Arp (1889 – 1943) eine herausragende Stellung ein. Ihr transdisziplinäres Werk umspannt schon früh die ganze Bandbreite textilen Gestaltens. Es berührt Tanz und Bühnenspiel, weitet sich aus auf Möbelentwürfe und mehrere Raumprogramme, erfährt publizistische Einbettung und findet nicht zuletzt von Beginn weg in zahlreichen Medien seinen freien Ausdruck. Das Zusammenfallen angewandter und freier Praktiken hat für die Künstlerin dabei an all ihren Wirkstätten etwas Selbstverständliches. Nach der anfangs noch stark am tradierten Kunstbegriff festgemachten Rezeption ihres Werks verleiht dies ihrem Tun gerade in jüngerer Zeit, wo die Grenzen zwischen den Disziplinen generell wieder verwischen, besondere und anhaltende Aktualität.

Im Aargauer Kunsthaus hat Sophie Taeuber-Arp seit jeher viel Beachtung genossen. Dabei gingen wichtige Ausstellungen und der Ausbau der Sammlung oft Hand in Hand. Von besonderem Gewicht sind hier die Dauerleihgaben, und diese haben 2020 mit einem posthumen Grafikportfolio und zwei textilen Frühwerken neuerlich Zuwachs erhalten. Letztere – ein Zierkissen und ein sogenannter Pompadour, ein am Handgelenk getragener Kordelzugbeutel – stammen aus dem Nachlass von Elsa Frey-Rutishauser, der Gattin des Aarauer Schokoladefabrikanten Robert Frey. Beide Werke sind Stickarbeiten und weisen in die Zeit, als die Künstlerin an der Zürcher Kunstgewerbeschule textiles Entwerfen lehrte und parallel Produkte für den freien Verkauf auf verschiedenen Absatzwegen schuf. So gelangten sie auch in den Besitz von Elsa Frey-Rutishauser, einer Schülerin der Künstlerin, die noch während ihres Studiums eine Sammlung kunsthandwerklicher Objekte anzulegen begann.

Entstanden sind viele der dekorativen Gebrauchsstücke nach sorgfältig ausgearbeiteten Gouachen, teils auch nach Detailentwürfen. Auffallend ist, wie Sophie Taeuber-Arp bis Ende der 1920er-Jahre souverän zwischen streng orthogonalen, geometrisch-zeichenhaften und stark abstrahierten figürlichen Lösungen zu variieren wusste. Grössere und bildhafte Flächen wie die mit Menschen, Fischen und Landschaftskürzeln gestaltete Kissenplatte eigneten sich dabei naturgemäss besser, um auch Gegenständliches in der für sie so typischen Synthese aus universeller Formensprache und intuitiver Vereinfachung zur Darstellung zu bringen. Allseitig bestickte Objekte hingegen wie ihre Kordelzugbeutel blieben mehrheitlich frei von Figuration. Sie spielen mit der Rhythmik farblich differenzierter Felder und erzielen ihre Wirkung aus deren Dynamisierung beim Gebrauch. Das matte Glitzern der Perlenstickerei, die um 1900 für solche Handtäschchen Mode geworden war, verleiht dem Effekt den besonderen Finish. Statt den Blütenmotiven des Jugendstils regiert hier jedoch schon die aktuellste Form des Werkbundgedankens – die Überzeugung, dass die Verbindung von Kunst und Leben in qualitätsvollem Handwerk möglichst klarlinig auszufallen hat.

Astrid Näff

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