Öl auf Leinwand, 72.5 x 58.5 cm
Das Aargauer Kunsthaus besitzt eine umfangreiche Werkgruppe des Schweizer Künstlers René Auberjonois (1872–1957), die im Sammlungsteil der Moderne einen wichtigen Stellenwert einnimmt. Bereits in den 1940er-Jahren – der intensivsten Schaffenszeit des Künstlers – konnte Guido Fischer, der damalige Konservator des Kunsthauses und enger Freund von Auberjonois, wichtige Werke für die Sammlung erwerben. „Portrait de l’artiste“ wurde im Entstehungsjahr 1948 angekauft und es zählt als Selbstbildnis zu einem zentralen Motivkreis in Auberjonois‘ Gesamtwerk.
Auberjonois absolviert eine klassische Akademie-Ausbildung an der Pariser École des Beaux-Arts. Er schliesst sich keiner bestimmten Schule oder Bewegung an, aber die Beschäftigung mit zeitgenössischen Strömungen, namentlich mit der Bildgestaltung von Paul Cézanne (1839–1906), der frühkubistischen Abstraktion von Pablo Picasso (1881–1973) sowie der vereinfachten Ausdrucksweise von Amedeo Modigliani (1884–1920), führt ihn zu seinem unverwechselbaren Stil. „Portrait de l’artiste“ weist eine tonige Farbigkeit aus Grau- und Braunwerten auf, was für Auberjonois ebenso charakteristisch ist wie die in die Länge gezogene Figur und die länglichen Gegenstände, die in ein Bildgefüge mit geringer Raumtiefe eingebunden sind. Die in der Mittelsenkrechte positionierte Gestalt des Künstlers, das in die Höhe ragende Gestell zu seiner Linken sowie die vertikal verlaufenden Wandstrukturen tragen zu einem flächigen Bildeindruck bei. Obwohl „Portrait de l’artiste“ während der Blütezeit von Auberjonois‘ Schaffen entsteht – 1948 nimmt er an der Biennale von Venedig teil –, porträtiert er sich nicht als arbeitenden Künstler. Die Farbpalette ruht auf dem Boden, und der Künstler zeigt sich mit hängenden Schultern und in sich gekehrtem Blick. Dadurch wird der Eindruck innerer Vereinsamung gesteigert und das Selbstbildnis zu einem stillen und zugleich packenden Bekenntnis der selbst gewählten Isolation.
Online gestellt: 2019