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David Weiss Urs Lüthi Willy Spiller, Sketches, 1970
Offsetlitho auf Papier. 25/100, 39.9 x 27.4 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Depositum der Sammlung Andreas Züst
Fotocredit: Brigitt Lattmann

Die Fotoserie Sketches will als „Teamwork“ von Urs Lüthi (*1947), David Weiss (1946–2012) und Willy Spiller (*1947) verstanden sein. So heisst es nicht nur auf dem Umschlagetikett der Mappe, sondern auch im einführenden Text des Kunsthistorikers Jean Christophe Ammann. Dieser bildet zusammen mit den Angaben zum Druck, den Unterschriften sowie den Porträts der drei Urheber das Titelblatt der Serie. Die Künstlerfreunde Lüthi und Weiss bringen das Mappenwerk gemeinsam mit Fotograf Spiller 1970 in einer Auflage von hundert Exemplaren bei der Galerie Toni Gerber heraus. Dem Titelblatt folgen acht Offsetdrucke von Schwarz-Weiss-Fotografien, auf denen wir Lüthi und Weiss in wechselnden Posen sehen. Den Auslöser drückt jeweils Willy Spiller, während Lüthi als Drahtzieher und Regisseur der Arbeiten erachtet wird.

Unter dem Label Sketches führen Lüthi und Weiss kleine „Kunststückchen“ auf. Sie präsentieren sich in entsprechenden Haltungen und blicken dabei in die Kamera; vielfach zeigt sich ihr Gesicht von einem feinen Lächeln umspielt. Bei Weiss ist es meist dasselbe schelmische Schmunzeln, während Lüthi, der Meister des Mienenspiels, vom dunklen Vamp-Blick bis hin zum Schulbubenlächeln eine breite Palette an Ausdrucksweisen an den Tag legt. Für das erste Blatt stellen Weiss und Lüthi eine Überfallszene nach. Weiss, mit Zigarette im Mund, formt mit seiner Hand eine Pistole, die er in Lüthis Rücken vor ihm drückt. Der Bedrohte hält wenig motiviert die Hände hoch. Den Kopf haben beide, ganz dem Aufführungszweck der Pose verpflichtet, zur Kamera gedreht. Für einen anderen Sketch sehen wir die zwei Rücken an Rücken, die Beine im rechten Winkel, was im Titelbeisatz unter „Akrobatische Figur – Sitzen ohne Stuhl“ verbucht wird. Weniger sportlich, mehr in einer jugendlich-übermütigen Attitüde posieren die beiden Freunde auf ihren Fahrrädern oder unmittelbar hintereinander im Parallelschritt. Der Komik der gestellten Szenen, die uns bisweilen an Laurel und Hardy denken lässt, steht die Präzision der Inszenierungen gegenüber. Sie zeichnen sich durch eine ausgefeilte Choreografie aus, in der Symmetrien eine wichtige Rolle spielen. Beispielsweise fallen die Fahrräder ins Auge, deren Vorderräder im exakt gleichen Winkel nach rechts gedreht sind. In seinem einführenden Text zur Serie rühmt Ammann denn auch die Poesie, die den Inszenierungen eigen ist: „Sketches von Lüthi, Weiss und Spiller sind die Erinnerung an Spiele. Die Einbeziehung einer bewussten, reflektierten Dimension verleiht ihnen eine Poesie, die einerseits durch die Spontaneität der Bereitschaft und der Sorgfalt im Zusammenwirken, andererseits durch die Ausstrahlung der Teilnehmer begründet ist.“

Die Serie Sketches bildet nicht nur den Auftakt zu Rainer Michael Masons Werkverzeichnis der Editionen und demgemäss das erste Multiple in Lüthis Schaffen, die Fotografien sind ferner Teil von Lüthis Beitrag an der legendären Ausstellung Visualisierte Denkprozesse im Kunstmuseum Luzern von 1970. In der von Jean Christophe Ammann kuratierten Schau sorgt der erst 23-jährige Lüthi für Furore, indem er seine gesamte Garderobe, einschliesslich persönlicher Gegenstände wie Hausschlüssel und Personalausweis, an Wänden und in Vitrinen präsentiert. Hinzu kommen Postkartenständer mit Fotografien seiner selbst sowie verkleinerten Abzügen der Serie Sketches. Die Installation ist ein frühes Beispiel für Lüthis vielschichtiges Spiel mit dem Ich. Indem er die eigene Abwesenheit in Szene setzt, konfrontiert er sich und das Publikum mit dem, was Ammann als den „Mythos der eigenen Person“ bezeichnet.

Yasmin Afschar

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