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Silvie Defraoui, Aphrodite Ping-Pong, 2005
1-Kanal-Video, Farbe, Ton,
Aargauer Kunsthaus Aarau
Copyright: Silvie Defraoui
Fotocredit: Silvie Defraoui

Die Videoprojektion „Aphrodite Ping-Pong“ zeigt im Hintergrund eine Landschaft. Ein dunkler Hügelzug hebt sich von einem bläulich-grauen Dämmerhimmel ab. Im Vordergrund ist auf wenig Sand ein weisser Teller platziert. Die vorherrschenden beigen Farbtöne und die karge Umgebung rufen Assoziationen an eine Wüste wach. Auf dem Tellerboden ist mit schwarzer Farbe der Grossbuchstabe „E“ gemalt. Lautes Stimmengewirr und Verkehrslärm begleiten den Fall einer silbernen Kugel. Für einen Augenblick schwebt sie in der Luft, um im nächsten Moment in den Scherben des zerbrochenen Tellers zu liegen. Dann herrscht Stille. Das langsame Zurückspulen der Zeit, Geräusche des Sandes und der Splitter sind hörbar, lassen den Zerstörungsvorgang erkennen. Das Video wird an den Anfang zurückgesetzt, und der Teller ist wieder ganz. Dieser Vorgang wiederholt sich elf Mal, wobei bei jedem Durchgang ein anderer geometrischer Körper – Würfel, Ring, Kegel – herunterfällt und der Buchstabe auf dem Tellerboden in einen neuen übergeht. Alle Buchstaben aneinandergereiht ergeben das Wort EXORCISMUS.

Silvie Defraoui (*1935) zählt zusammen mit ihrem Gatten Chérif Defraoui (1932–1994) zu den Pionieren der Schweizer Video- und Multimedia-Kunst. Silvie Defraoui lässt sich an der Ecole des Beaux Arts in Algier in Malerei und an der Ecole des Arts décoratifs in Genf in Keramik ausbilden. Chérif Defraoui studiert Rechtswissenschaften in Genf und beginnt seine künstlerische Tätigkeit Anfang der 1970er-Jahre. Ab 1974 lehren sie an der Ecole Supérieure d’Art Visuel in Genf an ihrem eigens gebildeten Studiengang „media mixte“, der bis 1998 einer Generation junger Kunstschaffender wichtige Impulse gibt. 1975 entschliessen sie sich zur künstlerischen Zusammenarbeit. Ihre Werke – Skulpturen, Installationen, Video, Fotografie – erfahren internationale Beachtung. Besondere Ehre wird ihnen mit der Teilnahme an der „documenta IX“ 1992 in Kassel zuteil.

Ihr Schaffen kreist um Fragen, die den Status und die Funktion des Bildes in der gegenwärtigen Gesellschaft betreffen. Sämtliche Arbeiten verorten sie in einem übergreifenden Projekt, den „Archives du futur“, „Archiven der Zukunft“, denen die Künstlerin auch nach dem Tod ihres Mannes Werke beifügt. Die Benennung mutet widersprüchlich an, vereint sie doch Vergangenes mit der Zukunft. Die Themen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft klingen an, mit deren logischer Abfolge Silvie Defraoui in der Arbeit „Aphrodite Ping-Pong“, die für die Sammlung angekauft werden konnte, spielt. Das Rätsel des zeitlichen Ablaufs im Video löst sich bei eingehender Betrachtung auf. Mit den wiederholt fallen gelassenen Körpern und dem Fehlen eines Akteurs verleiht die Künstlerin der Arbeit einen beschwörenden, an Geister- oder Teufelsaustreibung erinnernden Charakter. Funktioniert der Titel als Lesehilfe oder Bedeutungsvorschlag? Aphrodite, die griechische Göttin der Liebe, Schönheit und sinnlichen Begierde, steht ursprünglich für Wachsen und Entstehen. Einer ihrer Ursprungsmythen leitet sich von ihrem Namen, übersetzt die „Schaumgeborene“, ab. Im Video wird durch die Umkehrung der Ereignisse ein Wachsen und Entstehen suggeriert, das mit dem aufgewirbelten Sand an Aphrodites Geburt im Meer erinnert. Der Ballwechsel zwischen den Ping-Pong-Gegnern findet seine Entsprechung im Herunterfallen und Hinaufsteigen der Gegenstände.

Karoliina Elmer

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