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Andrea Heller, Ohne Titel, 2014
Tusche auf Papier, 196 x 150 cm, Gemälde

Andrea Heller (*1975) arbeitet in unterschiedlichen Medien, wobei ihre Tusch- und Aquarellzeichnungen – nebst Objekten und Assemblagen, Scherenschnitten und textbasierten Arbeiten – die Basis ihres Schaffens bilden. In diesen entwickelt die in Evilard und Biel lebende Künstlerin ihr typisches Formenvokabular, das weder durchwegs figürlich ist, noch wirklich abstrakt. Es dominieren sinnlich-abgründige Stimmungen – Humorvolles, Poetisches, aber auch Unheimliches. Stets scheint den organischen Gebilden und geometrischen Strukturen eine narrative Metaebene eingeschrieben; es bleibt aber den Betrachtenden überlassen, daraus eine eigene Geschichte zu spinnen.

Im Aargauer Kunsthaus waren Andrea Hellers Arbeiten in der Gruppenausstellung „Inhabitations“ zu sehen, die sich dem Körper und Körperlichen in der zeitgenössischen Kunst widmete. Auf ihre erfrischend uneindeutig-eindeutige Art eröffneten Andrea Hellers Aquarelle in diesem Kontext einen breiten Interpretationsspielraum. Formen werden darin zu Wesen und Wesen zu Formen, was nicht nur dem anthropomorphen Charakter einiger Sujets zuzuschreiben ist, sondern auch dem Schwebezustand zwischen Körper, Behausung und Hülle, welcher den vordergründig ungegenständlichen, grossformatigen Papierarbeiten eigen ist. Ein solches Blatt aus dem Jahr 2014 konnte das Aargauer Kunsthaus erwerben. Damit ist eine weitere wichtige Position des jüngeren Schweizer Kunstschaffens in der Sammlung repräsentiert.

Die Papierarbeit zeigt frei schwebend auf weissem Grund eine Form, die an ein Laubblatt erinnert. In dunklem Violett, das bisweilen zu Schwarz tendiert, weist die Binnenform zwei unterschiedliche Strukturen auf. Im oberen Bereich zu sehen ist ein kristallines Muster mit Verläufen in den einzelnen Teilformen. Davon setzt sich entlang einer klaren Linie eine mit dichten Farbkringeln überzogene Fläche ab. Die federartige Struktur erzeugt die Illusion von Tiefe, als ob man in das Innenleben der Form blicken könnte. Typisch für Andrea Hellers Vorgehen ist der Bildaufbau. Bestimmte Gesten werden wiederholt, grössere Formen setzen sich aus kleineren zusammen oder folgen einem von der Künstlerin festgelegten Regelwerk. Welche Motive dabei entstehen, ergibt sich indes erst im Arbeitsprozess. Andrea Heller geht nicht mit dem fertigen Sujet im Kopf ans Werk, sondern nähert sich ihm malend und zeichnend. Warum sich ihre Bildfindungen bevorzugt im Grenzbereich zum Abstrakten bewegen, erklärt sie folgendermassen: «In der Abstraktion liegt ein Multipotenzial eingefangen. Ich stelle eine Auswahl von möglichen Themen oder Fragestellungen bereit, die dann mit dem mitgebrachten Gedankengut des Betrachters durchmischt wird.» So wirkt auch der Neuankauf in der Sammlung des Aargauer Kunsthauses auf uns. Was beim einen Assoziationen zu einem Laubblatt auslöst, erinnert den anderen an einen violetten Quarzstein oder an einen Tannzapfen, vielleicht auch an einen Menschenkopf mit Zipfelmütze. In Andrea Hellers Arbeiten gibt es fast immer etwas zu erkennen. Nur was, das ist nie ganz klar.

Yasmin Afschar

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