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Johann Gottfried Steffan, Mittag in den Glarner Alpen, Bergbach, 1857
Oil on canvas, 95 x 76 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Legat Max Isler, Wildegg

Der gebürtige Wädenswiler und Wahlmünchner Johann Gottfried Steffan (1815–1905) wird in der Schweiz und in München, wo er ab 1833 lebt, zum Lithografen ausgebildet. Ab 1840 wendet er sich unter dem Einfluss Carl Rottmanns (1797–1850) der Landschaftsmalerei zu und findet früh zu seiner künstlerischen Sprache, die sich bis ins hohe Alter kaum mehr ändert. Die bayrische Hauptstadt entwickelt sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts von einer bescheidenen Residenzstadt zu einer Grossstadt und zu einer der lebendigsten Kulturmetropolen Europas. Bereits nach kurzer Zeit wird Steffan Mittelpunkt der in München ansässigen schweizerischen Künstlerschaft und erarbeitet sich den Ruf eines bedeutenden Landschaftsmalers. Zu Lebzeiten ist er ausserordentlich erfolgreich – zu seinen Käufern zählen bürgerliche Sammler und Vertreter des Hochadels aus ganz Europa. Heute ist sein Œuvre fast unbekannt und weitgehend unerforscht.

„Mittag in den Glarner Alpen, Bergbach“ zeigt einen friedlichen Landschaftsausschnitt, der sich durch einen dunklen Bildvordergrund und einen von der Mittagssonne hell erleuchteten, lebendigen Hintergrund auszeichnet. Von der Mitte des Bildes fliesst ein Gebirgsbach über Felsblöcke diagonal zur linken unteren Bildecke. Auf der grünen Wiese, die sich vom rechten Bildrand in den Vordergrund schiebt, liegt eine Figur liegt, den Kopf auf die linke Hand gestützt. Im Mittelgrund erhebt sich rechts und links je ein Baum, zwischen denen der Blick des Betrachtenden in die Tiefe des Gemäldes gleitet. Dahinter ragt rechter Hand ein Fels in die Höhe und links steigt ein bewaldeter, von Geröll gezeichneter Hang an. Den Abschluss bildet ein mit Dunst verhangenes Gebirgsmassiv.

Mit dem Aufkommen der realistischen Kunst wird die Schweizer Landschaft verstärkt von einheimischen wie ausländischen Künstlern aufgesucht: Besonders anziehend wirken das Hochgebirge, das Berner Oberland und die Seenlandschaften, die seit den Landschaftsmalern François Diday (1802–1877) und Alexandre Calame (1810–1864) populäre Ziele geworden sind. Bis in das hohe Alter ist Steffan im Sommer wochenlang in Deutschland und in seiner Heimat unterwegs, um Studien vor der Natur anzufertigen. Die Skizzen bilden die Grundlage für die Gemälde, die er in seinem Atelier in München komponiert. Bei seiner ersten Reise in das Glarnerland 1842 beeindrucken Steffan die Enge des Klöntales und die umgebenden Berge so stark, dass es zu seinem favorisierten Studienort wird und er es mehrere Jahre hintereinander mit verschiedenen Künstlerkollegen im Sommer bereist. Die Kunstschaffenden ziehen die Glarner Gebirgswelt den stärker touristisch erschlossenen Alpengegenden vor, verspricht sie doch von der industriellen Entwicklung unberührte Natur und landschaftliche Idylle. Insbesondere das Klöntal liefert durch seine Beschaulichkeit und Harmonie ein passendes Motiv, um das Bild einer Welt wiederzugeben, die schon damals so nicht mehr existiert. Mit dieser Stilisierung der unverdorbenen Natur verschafft sich Steffan Kunden aus dem wohlhabenden Bürgertum, denen die Landschaftsbilder als Projektionsfläche und Reiseandenken dienen.

Die vorliegende Landschaft markiert Steffans Übergang von seiner frühen zur reifen Periode. Es handelt sich dabei um eine freie Komposition, die Steffan aus mehreren Studienblättern erarbeitet hat. Sein präzises Naturstudium – besonders ausgeprägt in der von ihm bevorzugten Darstellung von Steinen sowie Felsformationen – und seine kompositorischen Qualitäten tragen entscheidend zur Bildwirkung bei. Das Werk wird 1857 im Münchner Kunstverein und an der schweizerischen Kunstausstellung präsentiert – in Deutschland wird er mit einer silbernen Medaille ausgezeichnet und in der Schweiz kann er sie sogleich verkaufen – und bildet Teil einer Serie von vier Bildern, die sich verschiedenen Tageszeiten in typischen Gegenden der Schweiz widmen („Morgen am Zürichsee“, „Abend im Berner Oberland“, „Nacht am Vierwaldstättersee“).

Karoliina Elmer

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