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Hans Sandreuter, Notre-Dame, Paris, Um 1877-80
Öl auf Leinwand, 45 x 75 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau

Hans Sandreuter (1850–1901) zählt zu den Vertretern des Symbolismus und der Kunst des Fin de Siècle. Sein vielseitiges Œuvre, das Malerei, Wandbilder, Sgrafitti, Aquarelle, Zeichnungen und darüber hinaus Entwürfe von Möbeln umfasst, ist in erster Linie in der Schweiz bekannt.

Der in Basel geborene Sandreuter kommt zunächst dem elterlichen Wunsch nach und schliesst eine Lithografenlehre ab. Sein eigentliches Ziel ist aber eine Künstlerlaufbahn. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Italien ermöglicht ihm 1873 eine Empfehlung Arnold Böcklins (1827–1901) die Aufnahme an der Münchner Kunstakademie. Ein Jahr später folgt Sandreuter Böcklin nach Florenz und entwickelt seine Bildsprache in intensivem Austausch mit seinem Vorbild weiter. Gemeinhin gilt Sandreuter als engster Schüler Böcklins. Bereits zu Lebzeiten wird er als Böcklin-Nachahmer bezeichnet; für Sandreuter ein Affront, dem er 1884 an seinen Bruder Luft macht, wenn er schreibt: „Ich bitte dich, mich nicht mehr mit Böcklin zu vergleichen.“ Die Bewunderung für seinen Lehrer ist nicht von der Hand zu weisen, darüber hinaus entwickelt er aber eine künstlerische Vielseitigkeit. Vor allem in seiner Landschaftsmalerei schlägt Sandreuter eigene Wege ein und befasst sich eingehend mit der zeitgenössischen modernen Kunst wie der kunstgewerblichen Reformbewegung in England. Nach einem längeren Aufenthalt in Paris bereist Sandreuter erneut Italien und lässt sich schliesslich 1885 in Basel nieder. Mitte der 1890er-Jahre wird er mit zahlreichen Dekorationsaufträgen in Basler Privathäusern und öffentlichen Gebäuden betraut. Aus dem Wettbewerb für die Ausschmückung des Innenhofs des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich geht Sandreuter 1897 als Sieger hervor. Besondere Bedeutung im privaten wie auch künstlerischen Leben kommt dem Bau des eigenen Wohnhauses „Zur Mohrhalde“ in Riehen zu, bei dem sich Sandreuter als Maler und als Gestalter von Einrichtungsgegenständen beweist.

Das vorliegende Werk „Notre-Dame, Paris“ erwirbt der Aargauische Kunstverein 1906 aus dem Nachlass des Künstlers für die Sammlung. Von seinem Standpunkt auf einem Hausdach an der Place Maubert führt Sandreuter den Blick der Betrachtenden über die sonnenbeschienene Pariser Dachlandschaft hinweg zur Kathedrale Notre-Dame. Obwohl im Titel als Hauptmotiv erwähnt, ist sie ganz an den linken Bildrand gerückt. Rechts neben ihr ragt ein weiteres prägnantes Bauwerk auf: die jenseits der Seine liegende Kirche Saint Gervais. In der formalen Gestaltung fokussiert der Künstler auf die Kathedrale und lässt die weitwinklig angelegte Komposition gegen den rechten Bildrand hin in einem skizzenhaften Zustand stehen.

Die Basler Kunstkommission ermöglicht Sandreuter von 1877 bis 1880 mit einem Stipendium den Aufenthalt in Paris. Zweifellos wirkt sich die Station in Frankreich auf seine Malerei aus und macht die Verarbeitung von impressionistischen Tendenzen bemerkbar. Im Gegensatz zu Sandreuters figürlichen Darstellungen, die ganz in der Tradition Böcklins den tiefen, dunklen Tönen verpflichtet sind, fällt die vergleichsweise helle Farbpalette auf. Auch die Wahl des Sujets, die Zufälligkeit des Bildausschnitts und die angeschnittenen Formen der architektonischen Details zeugen von Sandreuters Reaktion auf seine Begegnung mit dem Impressionismus.

Karoliina Elmer

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