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Andres Lutz Anders Guggisberg, Höhlenforscher, 2012
1-Kanal-Video, Farbe, Ton, , Video/Film
Aargauer Kunsthaus Aarau

Die Künstler Andres Lutz (*1968) und Anders Guggisberg (*1966) unternehmen in ihrer Videoarbeit „Höhlenforscher“ eine Entdeckungsreise der besonderen Art: Im Lichtkegel von Stirn- und Taschenlampe erklimmt ein am Seil gesicherter Forscher in Gummistiefeln die nachtdunklen Tiefen eines gigantisch erscheinenden Höhlensystems aus Archivschränken. Er angelt sich von Schubladenstock zu Schubladenstock und entnimmt aus einem der unzähligen Fächer die Hängeregistratur „Höhlen“. Unter den vielen Fotografien von Höhlen und Grotten entdeckt er ganz zum Schluss Momentaufnahmen seiner selbst.

In der zweiten Filmepisode geht die Kamera nahe and die Hängeregistraturen heran: Nach und nach werden Kategorien wie „Alte Menschen“, „Architektur“, „Behinderte“, „Berge“, „Brände“, „Familie“, „Frauenbewegung“, „Gesundheitswesen“, „Sexualität“, „Spiele“ oder „Sterben“ lesbar. Und da folgt Johann Wolfgang von „Goethe“ auf Hermann „Goering“ und Joseph „Goebbels“.

Dritter Akt: Zwei Archivmitarbeiter wandern geschäftig im neonerleuchteten Archiv hin und her, öffnen Archivschubladen, sichten Bildmappen, und verschliessen sie wieder. Einer Skulptur in Form des Buchstabens E auf dem Schubladenstock geben sie einen Schubs, damit diese ständig in Rotation bleibt. Aus dem Off hören wir dazu „E wie Eislauf, wie Eisstockschiessen, (…) Eisblumen fotografieren, eiskalte, nasse Höhlen, hinabsteigen in sie, sich selber suchen und finden lernen (…) Eigenheim mit Markrameelampen schmücken lernen, (…) Elefantenmuster im Eis von Eriwan entdecken (…).“

Lutz und Guggisberg wurden 2012, neben Georg Gatsas, Hans Peter Litscher und Daniela Keiser, eingeladen für die „Ausstellung Blick. Künstler/innen arbeiten mit dem Ringier Bildarchiv“ eine künstlerische Arbeit zum Thema zu entwickeln. Das Archiv enthält rund sieben Millionen Fotografien von den 1940er Jahren bis in frühe 21. Jahrhundert. 2009 überliess das Schweizer Medienunternehmen dem Kanton Aargau sein umfangreiches Bildarchiv, nachdem die digitale Wende im Fotojournalismus ganz neue Archivierungsmöglichkeiten eingeleitet hat.

Das Künstlerduo nähert sich dem Ringierarchiv mit einer für ihr Schaffen bezeichnenden Mischung aus tiefgründigem Humor und mehrschichtigen Referenzsystemen, welches ebenso von der Realität wie von der Fiktion gespeist wird. Als Forscher auf abenteuerlicher Tour erkunden sie in der ersten Episode von „Höhlenforscher“ das Archiv mit seinen eigenen Gesetzmässigkeiten. Die Expedition führt in die riesige Bildersammlung und wird – in dem Moment als der Forscher auf der Fotografie sich selbst erkennt – zur Reise zu sich selbst. Lutz & Guggisberg vermitteln in ihrer Videoarbeit nicht nur das enorme Ausmass und die historische Bedeutung des journalistischen Bilderschatzes, sondern fördern auch Absurditäten zutage, die sich aus dem Ordnungssystem und der Verschlagwortung komplexer gesellschaftlich-politischer Themen ergibt. In der dritten Episode überführen die Künstler die Archivkategorien in ein lustvolles skurril-poetisches Gedicht rund um den Buchstaben „E“.

Mit der Videoarbeit „Höhlenforscher“ konnte die Sammlung des Aargauer Kunsthauses um ein weiteres Werk des innovativen Künstlerduos Lutz & Guggisberg erweitert werden.

Katrin Weilenmann

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