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Paul Klee, Pause im Orchesterraum, 1938
Pastellkreide auf Jute / Chalk pastel on jute, 46 x 58.8 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Legat / Bequest Dr. Othmar und / and Valerie Häuptli
Copyright: Copyright in der Schweiz frei.

Paul Klee wurde am 18. Dezember 1879 in Münchenbuchsee als Sohn des Musiklehrers Hans Klee aus Tann bei Fulda und der Sängerin Ida Frick aus Basel geboren. Er erhielt musikalischen Unterricht bei seinen Eltern, lernte, Violine zu spielen, und wirkte bereits als 12-Jähriger im Sinfonieorchester der Stadt Bern mit, wohin die Familie 1880 gezogen war. Aber Paul Klee war nicht nur ein früh vollendeter Musiker, auch auf den Gebieten der bildenden Kunst und der Sprache zeigte sich sein aussergewöhnliches Talent. Nach dem Abschluss des Gymnasiums entschied er sich, Maler zu werden und die Musik und die Dichtkunst nebenher zu betreiben. Er ging zur Ausbildung nach München, trat in die Zeichenschule von Heinrich Knirr (1862–1944) ein und nahm auch Unterricht bei Franz von Stuck (1863–1928), fand damals aber noch keinen Zugang zur Farbe. Abgesehen von einer Reise nach Italien (Oktober 1901 bis Mai 1902), einem Ausflug nach Paris (1912), regelmässigen Besuchen in seiner alten Heimat und einer mit Louis Moilliet (1880–1962) und August Macke (1887–1914) unternommenen Reise nach Tunesien (1914) blieb Klee in München. Dort arbeitete er an seinem künstlerischen Werk – finanziell unterstützt durch seine Frau, die Klavierunterricht erteilte – und widmete sich der Erziehung seines Sohns Felix. Seine Hoffnung auf Erfolg, die ihn veranlasst hatte, der Schweiz den Rücken zu kehren, erfüllte sich auch in Deutschland nicht so schnell. Der Durchbruch zeichnete sich erst kurz vor 1920 ab, als Walter Gropius (1883–1969) Klee an das neu gegründete Bauhaus in Weimar berief und renommierte Kunsthistoriker auf ihn aufmerksam wurden. Die bis zu diesem Zeitpunkt eher ironische, verspielte oder verträumte Zeichnung und Malerei Klees wandelte sich durch die Aufgabe, Unterricht zu erteilen. Klee stellte systematische Überlegungen zu Linie und Farbe an, Kennzeichen seiner Kunst wurden nun eine klare Linienführung und ein Kolorit, das auf chromatischen Abstufungen und klar definierten Tönen basiert.

„Pause im Orchesterraum“ stammt aus den letzten Lebensjahren von Paul Klee. Nach gut zehn Jahren am Bauhaus hatte Klee zu Beginn der 1930er-Jahre an die Düsseldorfer Akademie gewechselt, war jedoch 1933 auf Druck der nationalsozialistischen Regierung entlassen worden. Er kehrte nach Bern zurück, geriet aber auch hier in Schwierigkeiten. Er verfügte über kein regelmässiges Einkommen und wurde zunehmend vom internationalen Kunsthandel abgeschnitten. Zudem zeigten sich Symptome der noch wenig bekannten Krankheit Sklerodermie. Die Folge war eine schwere Krise, aus der Klee erst 1936 wieder herauskam. In den letzten Lebensjahren von 1937 bis 1949 erreichte die künstlerische Produktion auch quantitativ einen Höhepunkt. Die vom Ehepaar Häuptli dem Aargauer Kunsthaus vermachte Klee-Sammlung vereint ausschliesslich Arbeiten dieses Spätwerks.

Zeit seines Lebens experimentierte Klee mit unterschiedlichen Materialien und Techniken. Sein Wirken am Bauhaus hatte diese Neigung noch verstärkt, und er kombinierte auch Bildträger und Malmittel, die nicht füreinander geschaffen scheinen. So wird es nicht einfach sein, die Farbe einer harten Kreide auf das kratzige und lose Gewebe der Jute aufzutragen, die dabei nach allen Seiten hin ausweicht. Aus koloristischer Sicht lässt sich diese Wahl jedoch sehr wohl erklären. Das farbliche Spektrum von Kreidearbeiten beruht auf einer im Voraus festgelegten Zusammenstellung von Tönen. Der Schaffende legt eine Anzahl Kreiden bereit und bestimmt dadurch das Kolorit des im Entstehen begriffenen Werks. Was liegt näher, als in diesen Farbfächer auch den warmen Ton des Sackleinens einzubeziehen, der sich so harmonisch zu den Pastelltönen verhält, dass der Malgrund – wie in der „Pause im Orchesterraum“ – an vielen Stellen des Bildes nicht überdeckt werden muss, sondern als eine der sechs Farben des Kolorits mitwirken kann?

Hans-Peter Wittwer

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