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Albert Welti, Porträt Doris Rose-Heckmann, 1897
Öl auf Karton, 23 x 19 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Depositum der Gottfried Keller-Stiftung, Bundesamt für Kultur, Bern

Zu Lebzeiten ist der in Zürich geborene Albert Welti (1862–1912) einer der bekanntesten und populärsten Schweizer Künstler. Insbesondere durch das monumentale Wandgemälde „Landsgemeinde“ (1912 bis 1914 durch Wilhelm Balmer nach Weltis Entwurf ausgeführt) im Ständeratssaal des Berner Bundeshauses erlangt Welti landesweites Ansehen. Bald nach seinem Tod jedoch gerät Weltis Œuvre in Vergessenheit. Die Kunstwissenschaftlerin Bice Curiger sieht den Künstler „rückblickend als eines der Opfer, welche die damals anbrechende Moderne, um sich durchzusetzen, brauchte.“ In den 1980er-Jahren wird Welti wiederentdeckt: Die Ausstellung bisher unbekannter Werke weckt neues Interesse an seinem Schaffen.

Mit der väterlichen Erlaubnis, die Künstlerlaufbahn einzuschlagen, zieht Welti 1881 nach München, und er wird im darauffolgenden Jahr an der dortigen Akademie zugelassen. Von 1888 bis 1900 arbeitet Welti im Atelier Arnold Böcklins (1827–1901), der ihm zeitlebens ein grosses Vorbild bleiben wird. Die beiden Künstler sind sich im Wesen insofern verwandt, als beide dem fantasiereichen Erfinden mehr Bedeutung zumessen als der getreuen Wiedergabe von Gesehenem. Während des Kopierauftrages von Böcklins „Frühlingserwachen“ (1880) für einen Kunsthändler im Zürcher Künstlergütli macht Welti Bekanntschaft mit Franz Rose (1854–1912). Der ostpreussische Rittergutsbesitzer macht ihm das Angebot eines dreijährigen Vertrags mit monatlichem Gehalt und setzt sich so für die künstlerische wie auch persönliche Förderung Weltis ein. Der Künstler nimmt Roses Vorschlag an und zieht 1895 nach München. Die Übersiedelung und die materielle Sicherheit wirken inspirierend auf sein Schaffen: Welti gelingt mit eigenen Schöpfungen wie „Nebelreiter“ (1895/96), „Walpurgisnacht“ (1896/97) und „Hochzeitsabend“ (1896/98) die Loslösung von seinem verehrten Mentor Böcklin. Themen der klassischen Mythologie werden zugunsten romantischer Motive verdrängt, die Weltis Faible für detaillierte Erzählkunst entgegenkommen. Als das Abkommen mit Rose 1899 endet, werden die entstandenen Bilder, die alle in den Besitz Roses wandern, in der Berliner Kunsthandlung von Fritz Gurlitt ausgestellt. Die Präsentation beschert Welti positive Kritik und rückt ihn in das Bewusstsein von Schweizer Sammler.

Um neue Bildideen zu entwickeln und seine Arbeiten unkompliziert zu vervielfältigen, nutzt Welti intensiv druckgrafische Techniken. Unter den zahlreichen Blättern Weltis in der Sammlung des Aargauer Kunsthauses sticht das kleinformatige Ölbild „Bildnis Doris Rose-Heckmann“ heraus. Bei einem Besuch auf dem Gut des Mäzens in Döhlau entstehen 1897 neben Landschaften auch Bildnisse Roses und seiner Mutter Doris. Welti hält im vorliegenden Gemälde die Züge der älteren Dame mit neutraler Mimik im nach rechts gewandten Profil fest. Ihr heller Teint kontrastiert stark mit der schwarzen Kleidung und der feinen Spitzenhaube. Die türkise Farbgebung des Hintergrunds ist ein für Welti typisches Kolorit, auf das er in den meisten seiner Arbeiten zurückgreift. Auch im kleinen Format gelingt Welti eine minutiöse Umsetzung, deren Wirkung die durch die altmeisterliche lasierende Öltechnik, welche Welti von Böcklin erlernt hat, entscheidend unterstützt wird.

Karoliina Elmer

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