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Sophie Taeuber-Arp, Cellule de relief (rectangulaire, éléments géométriques), 1936
Öl auf Holz, 38 x 48 x 11 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung der Freunde der Aargauischen Kunstsammlung
Fotocredit: Peter Schälchli, Zürich

Mit dem Umzug nach Clamart-Meudon 1929 begann für Sophie Taeuber-Arp (1889 – 1943) eine Werkphase neuer künstlerischer Intensität. Hatte sie bislang vor allem eine gestalterische Praxis verfolgt, die ihr zugleich als Entwurfsbasis im angewandten Bereich diente, so konnte sie nun ihre Einfälle deutlich befreiter umsetzen. Ihre Bildmittel beibehaltend respektive sie im Zuge ihres Beitritts zu den Künstlergruppen «Cercle et Carré» und «Abstraction-Création» noch weiter reduzierend, schuf sie ab 1930 eine Anzahl elementarer Gemälde auf meist schwarzem oder weissem Grund. Zu diesen zählt auch die Gruppe von Kreis- und Rechteckkompositionen, die Hugo Weber, der Verfasser des frühen und bisher einzigen Werkverzeichnisses, in Abgrenzung zu den zeitgleich entstandenen dynamisch-equilibristischen Anordnungen als statisch klassierte und zu denen mit „Composition à cinq cercles, carré et rectangle“ auch das Ausgangswerk für das vorliegende Relief gehört.

In der materialreichen Retrospektive „Sophie Taeuber-Arp. Heute ist Morgen“, die das Kunsthaus im Herbst 2014 zeigte, hingen Ölbild und Relief Seite an Seite. Anschaulich trat so zutage, wie sich die Künstlerin ihr Thema innert fünf Jahren komplett neu erschlossen hatte. Aus dem flächigen Nebeneinander von fünf weissen Kreisen, rotem Rechteck und grauem Quadrat auf Leinwand war ein mehrfach geschichtetes, raumgreifendes Gebilde geworden, das sich vom Vorläufer bei frontaler Betrachtung dennoch allein durch das etwas grössere Format und die Umwandlung des grauen Quadrats in ein blaues Rechteck unterscheidet. Die Kreise sind nun aber auf zylindrischen Distanzhaltern weit vor der Grundplatte platziert, und auch die Rechtecke sitzen als autarke Körper auf der Tragfläche auf. Alle Ränder und Stäbe sind wie der Bildgrund schwarz gefasst, sodass Farben und Formen quasi entmaterialisiert in Erscheinung treten, während einzig der Schattenwurf noch von ihrer wahren Beschaffenheit zeugt.

Bereits 1884 hatte Edwin A. Abbott (1838 – 1926) in der Novelle „Flatland. A Romance of Many Dimensions“ eine Welt aus geometrischen Elementen imaginiert, deren höchster Ausdruck, weitere Dimensionen implizierend, Kreis und Quadrat sowie eine Kugel waren. Sophie Taeuber-Arp hatte ihrerseits zum einen die Reliefs von Hans Arp (1886 – 1966) vor Augen, die vereinzelt auch abgesetzte, proto-skulpturale Lösungen umfassten. Zum anderen wusste sie, bestens vernetzt, um die virulenten Ideen der Zeit. Zu diesen zählte auch der 1936 vom Ungarn Charles Sirato (1905 – 1980) formulierte «Dimensionisme», dem sie die zweite Ausgabe der von ihr verantworteten Zeitschrift „Plastique“ widmete und so ihre Stossrichtung auch theoretisch fundierte. Sirato war umgekehrt sehr von den Reliefs der Künstlerin angetan, und auch das Publikum der Konstruktivisten-Ausstellung von 1937 in der Kunsthalle Basel, in der Sophie Taeuber-Arp breit vertreten war, würdigte ihr Tun: Drei der vier ausgestellten Rechteckreliefs fanden Käufer, so auch „Cellule de relief“. Seither in Basler Privatbesitz, konnte das Werk – laut Weber Taeubers erstes abstraktes Relief – 2015 für die Sammlung erworben werden, als gezielte Ergänzung zum vielfältigen bisherigen Bestand.

Astrid Näff

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