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Ilse Weber, Apfel, 1964
Öl-Ei Tempera auf Karton (rückseitig bemalt: Öl auf Papier auf Karton), 27.1 x 31.8 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung Hedwig Häusermann aus Schenkung Leni Roffler
Copyright: Marie-Louise Lienhard, Nussbaumen (TG)
Fotocredit: Alexandra Roth

Ilse Weber wird am 30. Mai 1908 in Baden geboren. Der Entschluss, Malerin zu werden fiel schon früh. Mit 22 Jahren besucht sie die ersten Malstunden bei Walter Müller. Es folgt ein Aufenthalt in Paris, wo sie die Malschule von Othon Friesz besucht und später eine Reise nach Rom. Dort lernt sie ihren Mann, den Genfer Maler Hubert Weber kennen. Kurz nach der Heirat 1940 kommt eine Tochter zur Welt, drei Jahre später stirbt Hubert Weber. Ab 1944 führt Ilse Weber ein Leben als Berufsmalerin, was für eine Frau in dieser Zeit wie auch wegen den weltpolitischen und wirtschaftlichen Umständen bemerkenswert ist. Obwohl Sie zahlreiche Anerkennungen erhält, so beispielsweise 1949 das Eidgenössische Kunststipendium, und in einem prominenten und grossen Atelier in der Spinnerei Wettingen arbeitet, steht Ilse Weber in der Schweizer Kunstgeschichte als Einzelfigur da. Für Frauen Ihrer Generation gab es noch keinen typischen Ausbildungs- und Karriereverlauf. Grössere Aufträge und breite Anerkennung erfolgen erst spät und zögerlich, und dies obwohl Ilse Weber sehr aktiv am künstlerischen Leben teilnahm. Sie war Mitglieder der aargauischen und züricherischen Künstlergesellschaften, stellte regelmässig aus und erhielt Aufträge für Mosaike und Wandbilder in öffentlichen Gebäuden. Die letzten beiden Lebensjahre verbringt Ilse Weber in Washington D.C., wohin sie 1982 zusammen mit ihrer Tochter auswanderte.
Die Sammlung des Aargauer Kunsthauses zählt über 40 Arbeiten von Ilse Weber. Arbeiten auf Papier wie auch auf Leinwand. Dabei ist eine unverwechselbare künstlerische Handschrift zu erkennen. Auffallend ist die erzählerische und suggestive Kraft der einzelnen Werke, die jedes für sich eine Geschichte erzählt und eine eigene Welt öffnet. Ilse Webers Arbeiten zeichnen sich durch einen besonderen Umgang mit der Wirklichkeit aus. Wir sehen Objekte, die wir zu kennen glauben, weil diese in einfacher Anordnung und Erscheinung auftreten. Die Wirklichkeit ist bei Ilse Weber aber auf subtile Art verschoben. Diese spezifische Bildsprache entwickelte sie parallel zu den Aufträgen, die ihren Lebensunterhalt sicherten. Marie Louise-Lienhard, ihre Tochter und Biographin schrieb dazu: ‚Der Prozess muss aus der Distanz als der Ausdruck einer immer konsequenter angestrebten Verinnerlichung oder Vergedanklichung der Bildwelt gesehen werden. (…) Die leichten Verschiebungen und Abweichungen waren zunächst für das unmittelbare Umfeld kaum lesbar.’ Es sind diese ‚leichten Verschiebungen’, die auch der Schlüssel zum Werk „Apfel“ sind, das im vergangenen Jahr als Geschenk in die Sammlung des Aargauer Kunsthauses kam.

Das Bild „Apfel“ von 1964 zeigt, was im Titel benannt wird. Der Apfel wurde soeben von unsichtbarer Hand zu über die Hälfte geschält. Wohl mit einem scharfen Rüstmesser, wie das geschickte Hände können. Die abgeschnittene Haut bildet ein langes Ganzes, das sich aus der Bildmitte hinaus gegen den rechten unteren Bildrand ausstreckt. Das Ende formt ein ringförmiger Abschluss. Die Kraft des Bildes liegt in der Umsetzung eines Sujets, das durch seine Einfachheit besticht. Der Apfel ist umgeben von einem schwarzen, zackigen Stern, dessen scharfe Spitzen einen Rand bilden, der einen abstrakten Raum bestimmt. Der schwarze Stern seinerseits liegt in einem blauen Farbraum, der das Bild abschliesst. Der Apfel hat eine eckige Form, die sich in der gepellten Haut fortsetzt und betont wird, weil die diese einmal um die eigenen Achse gedreht ist. Genau dort wechselt das Rot der Aussenhaut des Apfels in das innere Weiss des Fruchtfleisches. Die formalen Brüche zur Wirklichkeit stehen in Kontrast zu einer traditionellen und tonalen Malerei. Es zeigt sich ein künstlerisches Interesse, dass dem einfachen Gegenstand ein konzeptuelle Seite abringt. Die Idee des Apfels und seine quasi psychologische Struktur offenbar sich dank der formalen Verschiebung einer realistischen Darstellung in eine formale-gedankliche Deutung des Apfels und seines Umraums.

Thomas Schmutz

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