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Bernhard Fries, Bei Massa di Carrara, Um 1865
Öl auf Leinwand, 97 x 130 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau
Fotocredit: Brigitt Lattmann

Der in Heidelberg geborene Landschaftsmaler Bernhard Fries (1820–1879) stammt aus einer wohlhabenden Bankiers- und Fabrikantenfamilie, die ihm auch in künstlerischer Hinsicht eine anregende Umgebung bietet. Sein älterer Bruder Ernst (1801–1833) ist seinerseits ein bedeutender Landschaftsmaler. Erste Impulse erhält Fries durch die Gemäldekollektion seines Vaters Christian Adam Fries, in der sich Werke von Friedrich Rottmann (1768–1816) und englischer Künstler wie George Augustus Wallis (1768–1847) sowie William Turner (1775–1851) befinden. An den Akademien in München, Düsseldorf und auf Reisen in Rom, Paris und Genf kann Fries unbekümmert dem Studium nachgehen und sich anschliessend ohne Druck der künstlerischen Produktion widmen. Doch seine finanzielle Situation ändert sich 1860 mit dem Konkurs der väterlichen Bank schlagartig, und er ist daraufhin gezwungen, für seinen Lebensunterhalt selbst aufzukommen.

„Bei Massa di Carrara“ eröffnet den Blick auf eine von einem Fluss durchzogene hügelige Landschaft in der nördlichsten Provinz der Toskana. Das Ölgemälde zählt zu einem um 1860 gefertigten Zyklus von vierzig Landschaften Italiens, die der Künstler anhand seiner im Süden geschaffenen Skizzen und Studien fertigt. Angeregt wird er von den Landschaftsbildern Carl Rottmanns (1797–1850) in den Münchner Hofgartenarkaden. Die beiden Landsmänner sind freundschaftlich verbunden, und Rottmann bleibt Fries während seiner ganzen künstlerischen Tätigkeit ein prägendes Vorbild. Insbesondere Rottmanns gefeierte Werkreihe im Hofgarten, die Fries bereits während des Studiums in München sieht, bleibt von entscheidender Bedeutung für seine eigenen italienischen Landschaften.

Nachdem Fries 1860 sein gesamtes Vermögen verliert, muss er den Unterhalt seiner Familie mit dem Erlös der Malereien bestreiten. Er verlässt das ruhige Heidelberg und übersiedelt in die lebhafte Kunststadt München. Geplant war, die Serie als Ganzes dem bayrischen König zu verkaufen, die in einem von Gottfried von Neureuther (1811–1887) geplanten Pavillon präsentiert werden sollte. Die Idee wird nach dem Konkurs aber verworfen; die Notlage veranlasst Fries dazu, die Bilder ab 1864 einzeln zu verkaufen. Um den Zyklus komplett zu halten, bildet er die verkauften Gemälde nach, was sich in der Ausarbeitung niederschlägt. Die rasche Herstellungsweise äussert sich im vorliegenden Sammlungswerk durch den oberflächlich behandelten Vordergrund und die schematisch wirkende Gebirgsszene im Hintergrund. Im Gegensatz zu Rottmanns Darstellungen, die in ihrer Verschmelzung von Vedute und komponierter Landschaft dem historisch und klassizistisch geprägten Geist des frühen 19. Jahrhunderts entsprechen, sind Fries‘ Schilderungen ausschliesslich Landschaften ohne Einbezug von Historie und Monumentalität. Verzichtet Rottmann auf das genaue Naturstudium schenkt Fries der jeweiligen Vegetation ausreichend Beachtung, was auf die entscheidende Bedeutung von Fries‘ mehrmaligen Aufenthalten in Düsseldorf sowie beim Landschaftsmaler Alexandre Calame (1810–1864) in Genf verweist.

Vierzehn Bilder aus dem Zyklus werden in einer Ausstellungsreise in den grösseren Städten Deutschlands gezeigt. Im Winter 1863/64 präsentiert der Kunstverein Werke aus dieser Serie in Aarau. Der Staat kauft eines der Gemälde schliesslich 1867 aus Privatbesitz für die Sammlung des Aargauer Kunsthauses an.

Karoliina Elmer

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